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Weihnachtsgebäck: Der Weltmarktführer kommt aus Aachen

1978 stieg der heutige Alleingesellschafter Hermann Bühlbecker nach einem Großbrand als Geschäftsführer in den Betrieb ein, der zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich angeschlagen war. Durch zahlreiche Innovationen und die Übernahme weiterer Feingebäckhersteller baute er das traditionsreiche Unternehmen aus. Dessen Ursprung geht auf eine Bäckerei am Aachener Markt und damit in das Jahr 1688 zurück.

Bis zum Ende der 1970er Jahre hatte sich die Familie ausschließlich auf die Printenherstellung konzentriert. Bühlbecker setzte dann unter anderem auf Dominosteine. Von diesen werden 1,4 Milliarden Stück jedes Jahr in der Gruppe produziert. Lebkuchenherzen, Zimtsterne oder Spekulatius und viele andere Leckereien folgten. Gleichzeitig profitierte das Unternehmen von einem Einzelhandel, der massiv wuchs und Platz für die verschiedenen Eigen- und Markennamen bot.

Nürnberger Lebkuchen, Dresdner Christstollen und Aachener Printen entstehen heute unter dem Dach des Konzerns. Die Kombination dieser drei elementaren Traditionsgebäcke-Gruppen ist ein Alleinstellungsmerkmal der Aachener Printen- und Schokoladenfabrik, die im Bereich der Ganzjahresgebäcke eine rasante Entwicklung kannte. „Inzwischen sind in diesem Bereich die Umsätze größer als beim Saisongebäck“, erklärt Pressesprecher Martin Heinen bei unserem Besuch in dieser Woche.

Die Produktionslinien liefen in den vergangenen Wochen auf Hochtouren.

Der Name des Unternehmens geht auf den Bäcker- und Konditormeister Henry Lambertz zurück, der den Betrieb Mitte des 19. Jahrhunderts durch seine neuen Kreationen zum Hoflieferanten machte. So gehörte auch das belgische Königshaus zu den Abnehmern der Erzeugnisse, die in der Kaiserstadt entstanden. Er selbst hatte sich in Huy ausbilden lassen und übernahm das „Haus der Sonne“ am Aachener Markt. Die Sonne taucht heute noch im Logo des Unternehmen auf. Die Entstehung der Printen geht übrigens auf den Raum Dinant zurück, wo die „Couques de Dinant“, ein Gebildbrot, durch Wanderarbeiter Verbreitung fanden.

Zu dem vielseitigen Sortiment der Firma gehören nach über 330-jähriger Geschichte auch Florentiner, Gebäckmischungen, Dauerbackwaren, gefüllte Waffelerzeugnisse, Fertigkuchen, Pralinen und Marzipan sowie Nougat-Produkte. Patentrechtlich geschützt ist die Saftprinte. Die erste weiche und mit Schokolade überzogene Printe wurde vor 80 Jahren erfunden. Daneben sind noch Bio-Produkte und Vitalgebäcke für Wellness, Fitness und Diät ins Sortiment aufgenommen worden. Diese gewinnen vor dem Hintergrund einer möglichst optimalen Balance von gesunder Ernährung und Genuss zusehends an Bedeutung.

Das Exportgeschäft leitet der Eupener Ralph Homburg.

Die Produkte, die in bis zu 35 Meter langen Öfen gebacken werden, werden von Mitarbeitern am Ende überprüft und von Hand verpackt. Alles, was nicht den Ansprüchen genügt, wird aussortiert und im Werksverkauf als B-Ware angeboten, wie Alexander Seebauer vom Qualitätsmanagement bei einem Rundgang erläutert.

Seit Ende 2016 arbeitet Ralph Homburg für den Konzern, nachdem er zuvor internationaler Vertriebschef der belgisch-niederländischen Baronie-Gruppe war, zu der die Chocolaterie Jacques in Eupen gehörte. Der Eupener ist Prokurist und Leiter des internationalen Vertriebs, der mit 155 Millionen Euro für ein Viertel des Jahresumsatzes sorgt – Tendenz steigend.

Ein Thema, das bei ihm in diesen Wochen für Kopfschmerzen sorgt, ist der Brexit und dessen Folgen. „Durch die Zollabfertigungen gehen wir von Verspätungen aus, die beim Handel für Probleme sorgen können“, sagt der Ostbelgier. Wachstumsmarkt Nummer eins sind die USA, wo innerhalb der nächsten fünf Jahre eine Verdreifachung des Jahresumsatzes angestrebt werde.

Die Rezepturen werden den landestypischen Vorlieben und Gewohnheiten angepasst. „Das Thema gesunde Kost ist in den USA aber genau so aktuell wie bei uns, weil es ein globaler Trend ist. Fakt ist aber auch, dass dieser Aspekt in der Vorweihnachtszeit in den Hintergrund tritt. In dieser Saison macht der Kunde nicht gerne Kompromisse. Dann greift der Verbraucher zu den Produktklassikern“, unterstreicht Homburg. In Polen sind Lebkuchen beein Ganzjahresthema und nicht nur eine Delikatesse im Herbst wie hierzulande.

Aktuelle Themen sind auch vegane Artikel, Fairtrade, Nachhaltigkeit, Energieeinsparungen und Zuckerreduktion. „Wir wollen aber nicht so weit gehen und den ursprünglichen Geschmack verändern. Bei einigen Produkten benötigen wir sogar einen Mindestzuckergehalt, um dem Regelwerk zu entsprechen“, sagt Pressesprecher Martin Heinen und verweist auf Erfolge, bei denen inzwischen 30 Prozent weniger Zucker als im Ursprungsprodukt verwendet wird. Printen und Lebkuchen werden vollständig ohne Zugabe von Fett hergestellt. „Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder neu aufstellen“, betont er. Dabei gelte es auch auf die Verzehrgewohnheiten einzugehen und das Einkaufsverhalten zu beobachten. Als Familienunternehmen sei Lambertz so flexibel, um schnell auf die Entwicklungen des Marktes reagieren zu können. (hegen/Fotos: Heinz Gensterblum)

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