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Geschmacksexplosion durch Vakuum-Garen: Sous Vide für zu Hause

Kochen in der Plastiktüte? Für manch einen mag das unromantisch klingen. Wer es beim Kochen dramatisch mag, wird die Hitze und das Brutzeln vermissen, die Hektik und die Angst, das etwas zu lange im Ofen bleibt. Vielleicht aber auch nicht. Denn stressfreies Zubereiten hat schließlich auch seinen Reiz.

Der Begriff Sous Vide kommt aus dem Französischen und bezeichnet eine Vakuum-Garmethode. Fleisch, Fisch, Obst oder Gemüse werden in hitzebeständige Folienbeutel eingeschweißt und in einem Wasserbad bei niedrigen Temperaturen gegart.

«Diese Methode bringt ein hocharomatisches Gericht auf den Tisch», sagt die Köchin, Kochbuchautorin und Foodstylistin Susann Kreihe. Denn der Eigengeschmack des Gargutes werde verstärkt. «Es ist eine Art Geschmacksexplosion, die man da erlebt», sagt sie. Deswegen rät sie dazu, mit Gewürzen eher vorsichtig zu sein.

Wer zu Hause seine ersten Experimente wage, solle am besten mit einem Kochbuch arbeiten, empfiehlt sie. «Das ist ein technikaffines Kochen. Das muss man wissen.» Wenn man sich jedoch an die Garzeit und die Temperatur halte, könne nicht viel passieren. «Das Tolle ist, dass es praktisch von selber geht», betont Kreihe.

Der Pulpo wird zusammen mit Zitronenscheiben und Gewürzmarinade vakuumiert. Damit ist der Folienbeutel fertig zum Sous-Vide-Garen. Foto: Kitchenkiss Photography/EMF/dpa-tmn

Wenn der Schweinebauch erst einmal für 24 Stunden bei 65 Grad ins Wasserbad abgetaucht ist, herrscht Ruhe in der Küche. Die Wohnung zu verlassen, während das Essen gart, sei bei Sous Vide kein Problem, erzählt der Koch und Foodstylist Michael Koch. «Der einzige Fehler, den man machen kann, ist, dass man es zu kurz gart», sagt er.

Entwickelt wurde Sous Vide in den 1870er-Jahren in Frankreich. Anfänglich ging es darum, mit einer aromaschonenden Methode größere Mengen auf den Punkt zu garen. «Ich habe vor über 20 Jahren als Koch schon mit diesen Geräten arbeiten können, als sie noch groß und teuer waren», berichtet Koch. Was früher als Privileg gut ausgestatteter Sterne-Küchen galt, hat nun auch in Privathaushalte Einzug gefunden.

Zwar lässt sich für professionelles Sous-Vide-Zubehör ohne Probleme viel Geld ausgeben. Inzwischen aber gäbe es auch kostengünstige und platzsparende Geräte, sagt Koch. Entweder man kauft sich einen Thermalisierer, ein Wasserbad, wie es auch in Profiküchen eingesetzt wird. Oder man nutzt alternativ günstigere Sous-Vide-Sticks, sagt Michael Koch. Diese Geräte werden am Topfrand befestigt, erwärmen das Wasser und steuern die Temperatur.

Zum Einschweißen ist außerdem ein Vakuumiergerät nötig. Während Profigeräte meist im vierstelligen Bereich lägen, bekomme man einen sogenannten Außenvakuumierer schon für unter 100 Euro, berichtet Susann Kreihe. Für den Einstieg könne man aber auch mit wiederverschließbaren Zip-Beuteln arbeiten, erklärt die Kochbuchautorin.

«Es ist gut, mit etwas ganz Einfachem anzufangen», rät Susann Kreihe. Einer Hähnchenbrust mache es beispielsweise nicht so viel aus, wenn die Wassertemperatur zwei oder drei Grad niedriger oder höher ist. «Sie verträgt viele Aromen und lässt sich auch in einem einfachen Wasserbad bei 65 Grad garen.»

«Durch das Sous-Vide-Verfahren kann man ein Steak auf den Punkt genau garen»

Besonders die Aussicht auf eine perfekte Zubereitung von Fleisch erscheint vielen Einsteigern attraktiv. «Durch das Sous-Vide-Verfahren kann man ein Steak auf den Punkt genau garen», sagt der Koch und Sous-Vide-Spezialist Heiko Antoniewicz. Wichtig sei, dass das Fleisch danach noch einmal kurz scharf angebraten werde. «Das muss dann auch sehr schnell sein, damit der Garprozess abgeschlossen wird.»

In seinen Kochkursen gibt er den Tipp, statt mit Fleisch lieber mit Gemüse zu beginnen. Denn dabei zeige sich ein auffälligerer Unterschied zum Garen in Wasser. «Wenn Sie das im Sous-Vide-Verfahren machen, laugt das Produkt nicht aus», sagt Antoniewicz. Etwas Salz, Butter und vielleicht ein Schuss Orangensaft würden ausreichen, um ein überraschendes Ergebnis zu erzielen. Auch Chicorée sei ein tolles Gemüse für Sous Vide, die schöne Farbe behalte er dabei. «Wir garen ihn im Ganzen. Nur die Blätter außen werden etwas abgezupft. Das ist mein absoluter Favorit.» Susann Kreihe empfiehlt Spargel. «Dieses Aroma ist so unbeschreiblich, wenn es aus dem Vakuum-Beutel kommt», sagt sie. Im Gegensatz zu Fleisch und Fisch werde Gemüse bei höheren Temperaturen – zwischen 70 bis 90 Grad – gegart, erklärt sie.

Auch Desserts wie dieser Schokoladenmilchreis sind für das Vakuum-Garen geeignet. Foto: Volker Goldmann, photoart/Christian Verlag/dpa-tmn

Ein wichtiges Thema bei Sous Vide ist die Hygiene. Vor allem in den niedrigen Temperaturbereichen werden Bakterien und Keime nicht abgetötet, wie es sonst beim Anbraten oder Garen im Ofen der Fall ist. Susann Kreihe rät deswegen, sich immer gründlich die Hände zu waschen und öfter das Brett und die Messer zu wechseln. Fisch und Fleisch sollten von Obst und Gemüse getrennt werden, da sich in Erdresten Bakterien tummeln können. Auch mit der Temperatur sollte man vorsichtig sein, sagt Heiko Antoniewicz. «Ich vermeide das Langzeitgaren unter 56 Grad.» Er empfiehlt außerdem, nur ausgewählte Produkte zu verwenden. Denn beim Sous-Vide-Garen verstärkten sich die jeweiligen Eigenschaften. «Ein gutes Produkt wird besser und ein schlechtes wird schlechter.» Ein Fisch, der nicht mehr ganz frisch sei, fange durch das Vakuum-Garen erst recht an zu riechen.

Aber nicht nur Fisch, Fleisch und Gemüse lassen sich unter Vakuum zubereiten – auch Obst, Suppen, Saucen oder Nachtische. Michael Koch erklärt, dass sich so eine gelingsichere Sauce Hollandaise zubereiten lasse. «Man kann auf diese Weise auch Sirups herstellen», sagt er.  Susann Kreihe empfiehlt Milchreis oder eine süße Polenta. Aromen wie Zimt, Nelken, Sternanis und Vanille würden durch das lange Durchziehen von Milch- und Getreideprodukte gut aufgenommen. (dpa/Foto: Volker Goldmann, photoart/Christian Verlag/dpa-tmn)

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