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Arno und Eric Pankert erinnern sich an Paul Bocuse

Papst der französischen Küche, Leitfigur oder Einstein. Dies sind nur drei von vielen Bezeichnungen, mit denen Persönlichkeiten Paul Bocuse nach dessen Ableben am Samstag würdigten. Für Arno und Eric Pankert, die seit über 40 Jahren mit ihrem Restaurant „Zur Post“ mindestens) einen Michelin-Stern in St.Vith verteidigen, war der Franzose der „bedeutendste Koch des vergangenen Jahrhunderts“.

Die Ikone der „Nouvelle Cuisine“ schied am Samstag im Alter von 91 Jahren aus dem Leben. Sein Drei-Sterne-Haus „L’Auberge du Pont de Collonges“ gilt seit Jahrzehnten als Fixpunkt für Feinschmecker aus aller Welt. In diesem bunten Gebäude in seinem Heimatort Collonges-au-Mont-d’Or in der Nähe von Lyon starb der Spitzenkoch auch.

Paul Bocuse starb am Samstag im Alter von 91 Jahren. Foto: afp

Paul Bocuse starb am Samstag im Alter von 91 Jahren. Foto: afp

In dieser Ortschaft war Bocuse 1926 auch zur Welt gekommen und hatte seit 1965 drei Michelin-Sterne für seine Künste verliehen bekommen. Mit seinem schlichten, frischen Stil hat er mehrere Generationen von Köchen geprägt und gehörte den Reformern der „Nouvelle Cuisine“ an. Als Arno Pankert sich Mitte der 1970er Jahre entschied, aus dem Café-Restaurant „Zur Post“ ein Gastronomierestaurant zu machen, führte ihn eine seiner zahlreichen Reise auch zu Bocuse. Der Taxifahrer hatte den Ostbelgier auf dem Weg zum Restaurant noch vor den horrenden Preisen und der schlechten Qualität des Essens gewarnt: „Es war jedoch super. Ich habe sehr lecker gegessen. Er war der zweifelsohne bekannteste Koch dieser Zeit und sorgte für Euphorie“, erinnert sich der 78-Jährige noch heute an dieses Wow-Erlebnis. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen speiste er in der Auberge. Es gab unter anderem einen Seewolf in Salzkruste oder das Bressehuhn in der Schweinsblase, alles Klassiker des großen Meisters. Beides sei am Tisch ausgesprochen präzise zerlegt worden, was für den Besucher eine Attraktion war und den Gast aus Ostbelgien beeindruckte. „Es ging mir aber niemals darum, das Erlebte nachzukochen, sondern das eigene Wissen zu entwickeln.“ So habe er die legendäre Schwarze-Trüffel-Suppe (siehe Rezeptidee an anderer Stelle) mal nachgekocht, sie aber nie auf die Karte seines Hauses gesetzt: „Sie wurde von vielen Köchen oft kopiert, aber nie erreicht, was wohl mit der Qualität der Trüffel zusammenhing.“

Das Essen bei Bocuse, dessen herausragendes Talent schon sein wahrscheinlich wichtigster Lehrmeister Fernand Point früh erkannte, galt immer als üppig. Miniportionen waren ihm zuwider. Er selbst gestand ein, Butter, Sahne und Wein zu lieben und nicht etwa „kleine Erbsen durch vier geteilt“. An diesen Vorlieben ließ er seine Gäste teilhaben, die auch beim Dessert am besten auf das Zählen der Kalorien verzichteten.

Bocuse liebte Butter, Sahne und Wein und nicht etwa „kleine Erbsen durch vier geteilt“.

Der Respekt vor „Monsieur Paul“ war groß: „Er hatte zu dieser Zeit sicherlich den besten Namen und wurde vergöttert. Es gab für mich aber andere kulinarische Erlebnisse, die mich zu dieser Zeit mehr beeindruckt haben“, gibt Pankert senior zu Protokoll und denkt in diesem Zusammenhang an Michel Guérard, Roger Vergé oder die Brüder Troisgros.

Bocuse, dessen Name seit Jahrzehnten mit exquisiten Speisen und Getränken gleichgesetzt wird, war aber schon damals weit über die Grenzen Frankreichs hinaus aktiv. „Er kam damals aus Japan zurück und wechselte nur den Koffer, um weiter nach Amerika zu reisen. Ganz sicher war für mich, dass er bei der Zubereitung des Essens nicht in der Küche war. Er konnte sich immer auf eine gute Mannschaft verlassen“, so Arno Pankert. Wie viele heutige Stars der Branche kochte der Franzose schon zu dieser Zeit kaum noch selbst, was er auch unumwunden zugab. Auf die Frage, wer denn koche, wenn er selbst gerade nicht da sei, sagte er: „Derselbe, der kocht, wenn ich da bin.“

Arno Pankert besuchte das Drei-Sterne-Restaurant von Paul Bocuse zwei Mal. 1976 kostete das Menü 180 französische France. Foto: David Hagemann

Arno Pankert besuchte das Drei-Sterne-Restaurant von Paul Bocuse zwei Mal. 1976 kostete das Menü 180 französische Francs. Foto: David Hagemann

Ein Blick in die Küche wurde dem ambitionierten Ostbelgier nicht verwehrt, der ein Jahr nach seinem Besuch 1977 den ersten Michelin-Stern erhielt. 1989 folgte der zweite: „Ich habe dort gelernt und auch gestaunt.“ Einfache Zubereitung, frische Zutaten, Regionalität – das waren die Grundlinien der „Nouvelle Cuisine“, der Bocuse das Gesicht gab und die ihn durch die starke Mediatisierung zum ersten Starkoch machte: „Das Wichtigste war, dass es schmecken musste. Für ihn galt schon damals, was auch für mich heute noch gilt: Das Produkt ist das Wichtigste, doch im Gegensatz zu heute, war dieses früher deutlich schwerer zu finden.“ Der Herd und sein Geschäftssinn machten ihn reich: Sein geschätztes Vermögen betrug 50 Millionen Euro.

Eric Pankert, Jahrgang 1968, ist auch mit dem Werk von Bocuse intensiv in Kontakt gekommen. „Natürlich hat er auch die jüngere Generation noch inspiriert. Bocuse hat das beste Produkt durch die richtigen Garzeiten und die perfekte Technik veredelt. Seine Teller waren mit drei Komponenten immer klar strukturiert.“

Auf seinen eigenen Lehr- und Wanderjahren habe er ihn in New York zufällig einmal getroffen. „Fakt ist, dass er ein hervorragender Koch war, der gleichzeitig aber auch ein Marketinggenie war und ein unbeschreibliches Talent hatte, sich in Szene zu setzen“, zollte Pankert junior ihm für seine Selbstvermarktung Anerkennung. Bocuse, der schon durch seine körperliche Erscheinung beeindruckte, hat die Küchenchefs auch hinter dem Herd hervorgeholt und jeden Gast am Tisch begrüßt: „So gibt man dem Kunden die Möglichkeit, Kritik zu äußern. Eine Gepflogenheit, der auch ich sehr gerne nachkomme.“ Spätestens ab diesen Freitag wieder, wenn sein Haus nach dem Jahresurlaub, der mit verschiedenen Umbauarbeiten im Hotel- und Küchenbereich verbunden war, wieder öffnet. (hegen/Titelfoto: David Hagemann)

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