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Weingüter in Frankreich: Rotwein mit Kunstgenuss

Die Frage, ob zuerst die Liebe zum Wein da war oder die zur Kunst, erinnert auf dem Château Chasse-Spleen im Südwesten Frankreichs an das Henne-Ei-Problem. «Das ist schwer zu sagen», erklärt Jean-Pierre Foubet. «Beides sind Leidenschaften von mir und meiner Frau Céline.» Dabei schweift sein Blick auf einen hoch auf einem Sockel thronenden Wasser speienden Fisch der deutschen Künstlerin Katincka Bock. «Und beide vereinen wir hier.»

Es gibt viele Ecken auf dem Weingut, in denen sich auch Kunst findet. Selbst der unterirdische Keller, in dem der Rotwein 12 bis 18 Monate lagert, wurde von einem Künstler gestaltet: Mit überdimensionalen geometrischen Formen, die über den Fässern tanzen, spielt der Schweizer Maler Félice Varini mit der Wahrnehmung des Betrachters.

Bezug zur Kunst steckt schon im Namen

Chasse-Spleen liegt rund 45 Minuten von Bordeaux entfernt zwischen Margaux und Saint-Julien. Schon die Herkunft des Namens verrät, dass hier Wein und Kunst eng miteinander verbunden sind: Er soll auf das 1857 erschienene Gedicht «Spleen et Idéal» (etwa: Spleen und Ideal) des französischen Schriftstellers Charles Baudelaire zurückgehen, das vom Maler Odilon Redon (1840-1916) illustriert wurde, einst Nachbar des Weinguts.

Im Weinkeller des Château Chasse-Spleen spielt der Schweizer Maler Félice Varini mit der Wahrnehmung des Betrachters. Foto: Sabine Glaubitz/dpa-tmn

Eine andere Version geht auf Lord Byron zurück. Der britische Dichter soll bei seinem Besuch 1821 gesagt haben: «Dieser Wein verjagt wie kein anderer die düsteren Ideen.» Ex-Präsident Georges Pompidou scheint diese Meinung geteilt zu haben, denn die Chasse-Spleen-Weine sollen die bevorzugten des Staatschefs gewesen sein, der von 1969 bis 1974 die Geschicke Frankreichs lenkte.

Die Weine bestehen aus 73 Prozent Cabernet Sauvignon, 20 Prozent Merlot und bis zu 7 Prozent aus Petit Verdot, einer spät reifenden Rotweinsorte, die dem Wein mehr Langlebigkeit und Stärke verleiht. Mit rund 105 Hektar Terrain gehört das Gut zu den großen Domänen der Region Médoc nordwestlich von Bordeaux.

Weingut von den Eltern übernommen

Kurz nach der Einfahrt zum Schloss ragen zwei etwa fünf Meter hohe Gärtnerstiefel in die Höhe. Die Skulptur stammt vom französischen Künstler Lilian Bourgeat. Die Plastik steht hier aus sehr persönlichen Gründen, verrät Jean-Pierre: Bevor Céline das Weingut von ihren Eltern übernahm, war sie auch als Landschaftsarchitektin tätig.

Den Zugang zur zeitgenössischen Kunst hat die gebürtige Bordelaise recht früh gefunden. Sie wurde in Bordeaux in der Nähe des Museums für zeitgenössische Kunst CAPC groß. An der Spitze der Vereinigung der Freunde des Museums steht heute ihr Mann.

Wein erzeugt Emotionen

Vor rund zwei Jahren hat das Ehepaar ein Kunstzentrum eingeweiht mit dem Credo: Auch wenn der Wein Emotionen erzeugt, sind doch die, die die Kunst auslöst, um ein Vielfaches stärker. Eröffnet wurde das 300 Quadratmeter große, im zellenartigen White-Cube-Stil renovierte Gebäude mit Arbeiten des 2011 verstorbenen deutschen Klangkünstlers Rolf Julius.

Zu Deutschland gebe es eine besondere Beziehung, erklärt Jean-Pierre die Geschichte von Chasse-Spleen – nicht nur weil das Nachbarland ein Absatzmarkt für seinen Wein ist. 1909 kaufte der deutsche Weinhändler Adolph Segnitz das Gut, das wenige Jahre später vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs enteignet wurde. Allerdings habe man noch heute einen sehr guten Kontakt zu der Familie.

In dem zum Kunstzentrum umgebauten Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, das L-förmig an das Schloß angrenzt, wurden auch drei Gästezimmer eingerichtet. Sie gehen auf den Skulpturenpark hinaus und auf eine Weinbar mit Terrasse.

Geschichte von Peyrassol reicht weit zurück

In der gut 700 Kilometer entfernten Provence im Südosten Frankreichs liegen die Weinberge der Commanderie de Peyrassol. Die rund 950 Hektar umfassende Domäne am Fuß des Gebirgszugs Massif des Maures erstreckt sich zwischen den Gemeinden Luc und Flassans-sur-Issole.

Ihr Ursprung geht auf das 13. Jahrhundert zurück: Mitglieder des Templerordens hatten dort für Pilger auf dem Weg ins Heilige Land eine Herberge gegründet. Ein Dokument auf Pergamentpapier aus dem Jahr 1256 zeugt bereits von einem «bon vin franc», einem guten, freimütigen Wein. Heute ist es ein angesehenes Anbaugebiet der Appellation Côtes de Provence, auf dem Merlot, Viognier, Muscat und Cinsault wachsen.

Dass Kunst und Wein sich auch hier gut ergänzen, ist schon auf dem schmalen Weg zu erkennen, der sich durch die Reben zum Anwesen schlängelt. Links von ihm stehen zwei monumentale Weingläser, die sich in ein rotes Blumenfeld ergießen. Die Edelstahl-Werke stammen von dem US-amerikanischen Landart- und Installationskünstler Dennis Oppenheim (1938-2011). Ihnen gegenüber ragt eine abstrakte Plastik von Alain Clément haushoch in den Himmel.

Skulpturenpark besteht aus mehr als 60 Werken

Die Skulpturen sind mit dem Unternehmer Philippe Austruy eingezogen, der die Domäne 2001 erworben hat. Seit 2003 wird Peyrassol von seinem Neffen Alban Cacaret verwaltet, einem

Doktor der Pharmazie. Das, was er jetzt mache, sei viel spannender als Medikamente, sagt der 44-Jährige. Heute wird unter seiner Aufsicht unter anderem der «Clos Peyrassol» und «Château Peyrassol» hergestellt.

Die gepressten Trauben gären auf Peyrassol in riesigen Edelstahlbehältern, auf die man durch den Glasboden der Terrasse des Hauptgebäudes hinuntersehen kann. Von dem Anbau aus hat man zudem einen herrlichen Blick auf die Reben und den Skulpturenpark, in dessen Mitte «Clément» thront, eine zwölf Meter hohe Messingplastik von Jean-Jacques Tosello. Sie stellt einen Tempelritter dar – in Anspielung an die jahrhundertalte Geschichte von Peyrassol.

Heute besteht der Skulpturenpark aus mehr als 60 Werken, darunter ist auch eine Arbeit von Daniel Buren, die einer Laube aus bunten Farben gleicht und den Eingangsbereich des Anwesens in ein Kaleidoskop verwandelt. Ausstellungen und einen Einblick in die Sammlung von Austruy bietet das 2016 eröffnete, rund 800 Quadratmeter große Kunstzentrum mit einem Wasserbecken als Dach.

Château La Coste ist auf Touristen ausgerichtet

Dem Wein und der Kunst gibt sich auch der Ire Patrick McKillen auf dem Château La Coste hin, das sehr auf Touristen eingestellt ist. Das Weingut, das für seinen «Rosé d’une nuit» bekannt ist, liegt in Richtung Aix-en-Provence knapp 130 Kilometer von Peyrassol entfernt. Jährlich werden 700 000 Flaschen produziert, davon 60 Prozent Rosé, 30 Prozent Rotweine und 10 Prozent Weißweine.

Seit der Geschäftsmann das 250 Hektar große Stück Land erworben hat – rund die Hälfte sind dem Weinanbau gewidmet -, sorgt La Coste für Schlagzeilen, zuletzt im Jahr 2016 wegen der Eröffnung eines Fünf-Sterne Hotels mit Blick auf den Skulpturenpark und das von Japans Stararchitekt Tadao Ando entworfene K

Ungewöhnlich ist der Musikpavillon von Frank O. Gehry auf Château La Coste. Foto: Sabine Glaubitz/dpa-tmn

unstzentrum, das 2011 eröffnet wurde. Werke international bekannter Künstler wie Ai Weiwei, Hiroshi Sugimoto, Lee Ufan und Richard Serra zieren den Kunstparcours, für den Gäste zu Fuß rund eineinhalb Stunden brauchen.

La Coste besitzt auch einen Musikpavillon, der vom US-Stararchitekten Frank O. Gehry stammt. Mit dem Weinkeller, der einem Hangar gleicht, hat sich Frankreichs Baumeister Jean Nouvel auf La Coste verewigt und mit einem Ausstellungspavillon der renommierte Italiener Renzo Piano. (dpa/Foto: Sabine Glaubitz/dpa-tmn)

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