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Klein und heiß: Hot Shots sind jede Sünde wert

Feuerschalen stehen mittlerweile in vielen Gärten und ein paar dicke Boots gibt es meist auch im Schrank. Warum also in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebot eine gesellige Runde nicht mal ins Freie verlagern? Unverzichtbar in der kalten Jahreszeit sind warme Getränke. Kleine Highlights neben den Klassikern Glühwein und Punsch sind dann Hot Shots, die in einem einzigen Zug getrunken werden können.

Grill-Experte Tom Heinzle bietet seinen Gästen am Grill zwischendurch einen «Gin on Fire» an. Dafür steckt er Baconwürfel auf je einen Bambusspieß und grillt diese bei hoher Temperatur von allen Seiten. Die Spieße kommen dann quer auf ein mit Gin gefülltes dickwandiges Schnapsglas, das Heinzle kurz auf eine Grillplatte stellt, um den Gin zu erwärmen. Der Speck soll den Gin berühren, damit die Aromen übergehen. Als kleiner feuriger Snack wird zuerst der Speck gegessen und dann der Gin hinterhergetrunken.

Alternativ schlägt Heinzle einen «Rum on Fire» vor. Für vier Portionen erhitzt er 30 cl Rum und verteilt 4 TL getrockneten und gezuckerten Ingwer, fein gehackt, sowie 4 TL klein geschnittene Orangenscheiben in Gläser. Alles wird mit dem heißen Rum übergossen und sofort getrunken.

Rituale pflegen & gemeinsam genießen

«Generell leben Shots vom gemeinsamen Ritual», sagt Stephan Hinz, Bar-Experte und Inhaber der Kölner Bar Little Link. Ob Out- oder Indoor – im Vordergrund steht der gemeinsame Genuss. Die kleinen heißen Getränke, die in einem hitzebeständigen Glas mit meist etwa 2-5 cl Inhalt serviert werden, seien unter anderem auch «als Begleitung zu Kaffee oder Dessert oder als Digestif nach dem Essen» geeignet.

Bei den Zutaten setzt Hinz, der von der Zeitschrift Falstaff «als Innovativster Bartender 2020/2021» ausgezeichnet wurde, auf würzige und süße Noten, die sich aus seiner Sicht besonders gut für Heißgetränke eignen. Daher seien häufig fassgelagerte Spirituosen wie Rum, Whiskey oder Cognac, aber auch Liköre Bestandteil der Shots.

Auch Zitrusnoten passen gut in winterliche Rezepte. Hinz schlägt einen «Hot Lemon» vor: Für vier Shots werden 120 ml Ricordino, ein Aperitif aus Kräutern und Zitrusfrüchten, und 80 ml Zitronensaft unter Rühren erhitzt, ohne zu kochen. Noch schneller zubereitet ist der «Camela Coffee Shot»: Einfach in einen frischen Espresso 20 ml Camela, einen herben Aperitif mit orientalischen Gewürzen, einrühren.

Gebaut, nicht geschüttelt

Ein Klassiker unter den Shots ist der «B52», der ursprünglich aus Kaffeelikör, einem Sahne-Emulsionslikör (meist Baileys) und dem Bitterorangenlikör Grand Manier besteht. Alle drei Bestandteile werden so ins Glas geschichtet, dass sie sich nicht mischen.

Das Prinzip dieser geschichteten, in der Barsprache «gebauten», Shots ist die unterschiedliche Dichte der Flüssigkeiten, sagt Matthias Knorr, Chef der Barschule München. Sie sorgt dafür, dass die Schichten im Glas getrennt bleiben, was den optischen Reiz dieser Rezepte ausmacht. Knorr empfiehlt, die einzelnen Zutaten dafür mit einem Barlöffel ins Glas zu geben oder, wenn kein Barlöffel vorhanden ist, vorsichtig am Glasrand entlanglaufen zu lassen.

Für vier «Hot Lemon»-Shots werden 120 ml Ricordino, ein Aperitif aus Kräutern und Zitrusfrüchten, 80 ml Zitronensaft unter Rühren erhitzt, ohne zu kochen. Foto: RFT Distillers/dpa-tmn

Basierend auf dem Grundrezept gibt es zahlreiche Varianten des «B52». Häufig wird statt des Orangenlikörs hochprozentiger Rum verwendet, der vor dem Servieren kurz angezündet wird und leichter brennt als Grand Manier. Aber es geht auch experimenteller: So schichtet Knorr zum Beispiel Melonenlikör, Amarula, einen Wildfrucht-Sahne-Likör mit Karamellnote, und Absinth ins Glas und erschafft so nicht nur ein neues Farbspiel, sondern auch ein ganz anderes Geschmackserlebnis.

Spiel der Temperaturen & Konsistenzen

Wer seinen Hot Shot weniger aufwendig zusammenstellen möchte, dem empfiehlt der mehrfach ausgezeichnete Barmeister zum Beispiel eine Mischung aus erwärmtem Ingwerlikör und Apfel- oder Cranberrysaft im Verhältnis 1:1. Etwas raffinierter ist der «Apple Pie Shot», dessen warme Zutaten, Zimtlikör und Apfelsaft, ein Klecks angeschlagene Sahne krönt.

An Shots mit Sahne schätzt Bar-Experte Knorr das Spiel von heiß und kalt sowie die unterschiedlichen Konsistenzen der Zutaten von flüssig bis cremig. Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der «Galiano Shot», der aus Espresso, dem italienischen Kräuter-Vanille-Likör Galiano und Sahne aufgebaut wird.

Es geht auch ohne Alkohol

Eine antialkoholische Variante zum «Galiano Shot» schlägt Karsten Brose, Geschäftsführer der BarAkademie Berlin vor. Wer auf Alkohol verzichten möchte, kann statt des Likörs den Espresso vorab mit einer Vanilleschote aromatisieren und bekommt zusammen mit der Sahne dann einen spannenden Zwei-Komponenten-Drink. Als Topping schmeckt etwas gemahlene Muskatnuss oder Tonkabohne.

Auch ein «Lumumba», heiße Schokolade mit Rum und Sahne, funktioniert sowohl in der Mini-Version als auch in der alkoholfreien Variante: Brose rät dann dazu, Rum-Aroma aus dem Backbedarf zu verwenden. Apfel, Zimt und Anis seien weitere Zutaten, die in ein kleines heißes Wintergetränk gut passen, ohne das Hochprozentiges eine Rolle spielen muss. Zudem gebe es inzwischen viele Spirituosen in einer alkoholfreien Zubereitung, bei der, wie etwa bei Gin, das Aroma auch erhalten bleibe.

Last not least darf in der vielfältigen Reihe bekannter und neu kreierter Hot Shots wohl der Sambuca nicht fehlen. Der Clou dabei sind Kaffeebohnen. Sie werden beim Anbrennen des nach Lakritz schmeckenden Anislikörs leicht angeröstet und geben dem heißen Genuss zusätzliches Aroma und Biss. (dpa/Foto: RFT Distillers/dpa-tmn)

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