Kühlen, öffnen, einschenken, Perlen genießen. Mit den Festtagen und Silvester kommt wieder die Zeit für prickelnde Edeltropfen. Statt Winzersekt, Crémant oder Prosecco gönnt man sich vielleicht auch den Schaumwein mit dem größten Mythos.
Doch wie gibt man dem Champagner die beste Bühne? «Auf keinem Fall mit einem Knall», sagt Christian Josephi. Dieser Mann muss es wissen. Der Repräsentant der Champagne in Deutschland und Österreich vertritt die Interessen von 16.500 Champagne-Winzern und -Häusern. Denn nur sie dürfen ihren Schaumwein auch so nennen.
Warum lässt man beim Champagner keine Korken knallen?
Christian Josephi: Besser ist ein festlicher Plopp, den die Franzosen «Soupir» nennen, übersetzt «Seufzer». Dann verliert man weniger Perlen.
Und wie öffnet man den Champagner stilecht – ohne Knall oder überschäumendem Formel-1-Gefühl?
Josephi: Zunächst wird die Folienkapsel gelöst. Die linke Hand hält die Flasche. Dabei bleibt der Daumen auf dem Kork mit Deckel. Dann ist der richtige Moment, die Gäste anzuschauen und sechs Mal am Drahtkörbchen zu drehen. Dann wird der Korken nicht in der Flasche gedreht, sondern die Flasche um den Korken, bis er kommt und man den Seufzer hört. Zum Einschenken das Glas bitte schräg halten.
Schräg halten? Wenn die edlen Tropfen nicht über den Rand schwappen sollen, wäre die berühmte Champagnerschale dafür wohl schon mal raus, oder?
Josephi: Genau. Eine Schale sieht zwar sehr dekorativ aus und ist super für Champagner-Pyramiden, wie man sie aus Filmen kennt. Sie eignet sich vielleicht für festliche Anlässe wie Hochzeiten, wo die Inszenierung im Vordergrund steht. Doch der größte Nachteil einer Schale ist der kurze Weg vom Glasboden zur Oberfläche. Durch die große Fläche entweicht die Kohlensäure viel zu schnell. Aber auch Sekttulpen oder -flöten sollten im Schrank bleiben, weil die Nase so kein Aroma abbekommt.
Und welches Glas bringt den Champagner dann am besten zur Geltung?
Josephi: Die Glasform beeinflusst den Geschmack enorm. Dabei kommt es auf die Form des oberen Glasrandes an. Er entscheidet darüber, auf welche Zonen der Zunge der Schaumwein trifft. Trinkt man aus einem Glas mit schlanker Form, trifft der Inhalt nur auf den vorderen Teil der Zunge, der lediglich Süße und Säure wahrnimmt. Daher ist ein größeres, etwas bauchiges Glas von Vorteil. Nicht nur, weil da mehr rein passt. Denn am meisten Aroma entfaltet sich, wenn die Nase mit genießt.
Deshalb ist ein Weißburgunderglas ideal. Ob es am Glasboden eine runde oder eckige Form hat, ist eine Frage der Ästhetik. Perfekt ist es, wenn es einen eingravierten Moussierpunkt hat. Er bündelt die Perlen zu einem Aromenaufzug. In einem Glas mit 100 Milliliter Champagner stecken rund eine Million Perlen. Das kann man dann schon eine Weile stehen lassen.
Es sei denn, es ist nicht perfekt sauber. Wie behandele ich das Glas richtig?
Josephi: Spülmittelreste verhindern das Sprudeln. Daher sollte das Glas immer noch einmal extra mit heißem Wasser gespült und mit einem Tuch aus Halbleinen poliert werden. Was die wenigsten wissen: Damit bleiben nicht sichtbare Faserreste an der Glaswand erhalten, die Auslöser für die Perlage sind und das Glas schöner strahlen lassen.
Wenn die Gläserfrage geklärt ist, bleibt die Frage, wie man sich an den richtigen Champagner herantastet?
Josephi: Am besten mit einer Beratung beim Fachhändler über die Vorlieben. Er wird wissen wollen, ob man gewöhnlich lieber Rot-, Weiß- oder Roséwein bevorzugt und empfiehlt dann beispielsweise einen Blanc de Blanc-, Chardonnay- oder Blanc de Noir-Champagner.
Wer etwa einen Riesling mag, wird sich mit einem Chardonnay-Champagner gut anfreunden und ihn filigran und mineralisch finden. Mit einem Blanc de Noir-Champagner trifft man eher bei Menschen mit Vorlieben für Rotweinaromatik ins Schwarze, die weiche und üppige Noten lieben. Für Kunden mit bislang weniger Champagner-Erfahrung ist das oft die bevorzugte Variante.
Bei 98 Prozent aller Champagner werden Grundweine mehrerer Jahrgänge verwendet. Wer einmal eine Marke für sich gefunden hat, kann sie auch immer wieder kaufen. Denn sie wird immer die gleiche Stilistik haben. (dpa/Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa-tmn)