Während Karotte, Gurke oder Eisbergsalat bei den meisten Menschen regelmäßig auf dem Teller landen, verhält es sich mit Chicorée anders. Dabei ist das Wintergemüse, das ab Herbst in dunklen Räumen aus der bereits geernteten Zichorienwurzel wächst, vielseitig und gesund.
Chicorée, der hierzulande vor allem von November bis April Saison hat, enthält nämlich von Natur aus Bitterstoffe. «Diese sind sehr gesund, vor allem für die Verdauung», sagt Kochbuchautorin Susann Kreihe («Die hohe Kunst der Gemüseküche»). Die Ballaststoffe im Chicorée haben außerdem eine positive Wirkung auf den Blutzuckerspiegel.
Zu bitter? Ein warmes Wasserbad mit Salz hilft
Wer den bitteren Geschmack trotzdem nicht mag, für den haben Susann Kreihe und auch Christian Henze, Autor von «Feierabend-Blitzrezepte Veggie», folgenden Tipp: Den Chicorée kurz warm abwaschen. Das löse die Bitterstoffe zum Teil heraus.
Sterneköchin Sigi Schelling empfiehlt, das Gemüse eine halbe Stunde in gesalzenes, warmes Wasser einzulegen. Danach solle man den Chicorée gründlich trockentupfen und außerdem den Strunk entfernen, da dieser ziemlich hart und nicht besonders schmackhaft sei. Hierfür halbiert man den Chicorée und schneidet ihn dann mit einem Messer keilförmig heraus. Für einen Salat sollte man ihn laut Kreihe am besten in dünne Streifen schneiden.
Ein Dressing, das mit Süße und Säure spielt
Damit er nicht zu bitter wird, braucht Chicorée ein Dressing, das süß und säuerlich schmeckt. Hierfür eignen sich Orangensaft, Honig oder Ahornsirup, aber auch ein Teelöffel Konfitüre. «Aprikosenkonfitüre passt gut und ist vor allem farblich schön», so Kreihe. Man könne auch Himbeermarmelade nehmen, dann sollte man nur aufpassen, dass man eine schöne rote Farbe hinbekommt und das Dressing nicht «verwaschen» aussieht. Auch Preiselbeeren aus dem Glas, Hagebuttenmarmelade oder dunkler Holunder kämen infrage.
Wer es bitterer mag, kann auch Grapefruit für seinen Chicoréesalat verwenden. Ein Klassiker-Dressing für Chicorée mischt Kreihe aus Orangen- oder Mandarinensaft, Honig, einem TL Senf, einer Prise Salz sowie einem Teil Olivenöl und einem Teil Essig.
Henze kombiniert den Bittersalat auch gern mit Sour Cream, Crème fraîche, Sahne, Sauerrahm oder Mayonnaise. Dazu kommen immer Säure und Süße. Den säuerlichen Geschmack liefern etwa Zitronen oder Essig, Zucker, Honig oder Agavendicksaft das süße Pendant. Klassisch wird der Salat mit Mandarinen oder Orangenscheiben angerichtet. Henze nimmt für die fruchtige Note lieber einen Hauch Orangenabrieb oder Mango.
In der Pfanne karamellisieren
Schelling gießt vor der Zubereitung immer kurz heißes Wasser über den Salat: «Chicorée wird beim Schneiden schnell braun, deswegen blanchiere ich ihn kurz, dann habe ich dieses Problem nicht.» Damit der Salat milder schmeckt, kann er auch mit anderen Salatsorten gemischt werden, zum Beispiel mit Kopf-, Eisberg- oder Romanasalat.
Lollo Rosso und Rucola heben sich für Henze gut vom Chicorée ab. Wer Bitterstoffe eher nicht mag, sollte auf Radicchio und Endivie verzichten, da auch diese zu den Zichoriengewächsen gehören. Schelling gibt zum Chicorée auch gerne den Saft der Yuzu-Frucht, die eine Kreuzung zwischen Mandarine und Limette ist. «Dieser japanische Touch gefällt mir sehr gut. Der süß-saure Geschmack passt sehr gut zur Bitternote», sagt die Sterneköchin.
Doch der Bittersalat kann nicht nur roh, sondern auch gegart gegessen werden. Ihn einfach zu kochen, ist kulinarisch aber nicht ratsam. Christian Henze rät, ihn in Butter anzubraten, mit braunem Zucker oder Puderzucker zu karamellisieren und eine Prise Salz dazuzugeben, bevor man ihn zügig serviert. «Chicorée hat zwar seinen Eigengeschmack, ist aber nicht sehr dominant. Das ist anders, wenn man ihn brät, da hat er dann leicht nussige Aromen», so Susann Kreihe.
Verfeinern mit Sojasauce, Tandoori oder Chutney
Damit der bittere Geschmack nicht im Vordergrund steht, hilft auch ein Schuss Sojasauce plus etwas Honig oder Ahornsirup. Das Ganze mit Parmesan verfeinern – fertig. Henzes Lieblingsgericht ist Chicorée mit Tandoori, eine indische Gewürzpaste. Zu ihr gibt Henze Sahne: «Diese cremig-feine, milde Komponente der Sahne mit der kräftigen Komponente des Tandoori, das liebt der Chicorée.»
Das Gemüse kann auch im Ofen überbacken werden. Siggi Schelling empfiehlt, ihn auch zuerst in der Pfanne mit Butter und Zucker anzubraten und dann im Ofen mit einer Soße zu überbacken, zum Beispiel mit einer Sauce Hollandaise. Damit man den gebackenen Chicorée gut anrichten kann, lässt Susann Kreihe einen kleinen Rest des Strunks stehen – so halten die Blätter noch zusammen.
Wenn Kreihe den Chicorée im Ofen backt, träufelt sie Olivenöl darüber. Danach bereitet sie eine Kruste aus Couscous, Brot- oder Pumpernickelbröseln zu: «Diese bildet das knusprige Pendant zu dem weichen Gemüse». Alternativen seien Sesamsamen, Pinienkerne oder Walnüsse. Auch Käse, etwa Feta oder ein würziger Bergkäse, passe gut dazu. Als Gegenspieler könne dann wieder ein fruchtiges Kompott dazu gereicht werden, zum Beispiel aus Preiselbeeren oder Cranberrys, oder ein fruchtig-scharfes Chutney.
Im Schinkenmantel grillen
Auch gegrillt ist Chicorée ein Hit: «Die Röstaromen, die entstehen, geben dem ganzen einen intensiven Geschmack, sodass die Bitterstoffe wiederum in den Hintergrund rücken», sagt Kreihe. Dafür wird der Kolben nach dem Vierteln und dem Entfernen des Strunks in dünnen Parma- oder Serranoschinken eingewickelt und in diesem Mantel gegrillt. Serviert wird dazu ein Apfel-, Birnen- oder Mangochutney.
Für Sigi Schelling passt Chicorée generell gut als Beilage zu Fleisch, Fisch und Krustentieren. Wenn er kurz angebraten wird, mag ihn Henze auch zur Pasta. Schelling achtet beim Kauf darauf, dass der Chicorée ganz frisch ist und keine gelben Spitzen hat. Für Kreihe sind Blätter wichtig, die kompakt um die längliche Form liegen. In ein feuchtes Küchentuch eingewickelt halte sich frischer Chicorée wie klassischer Salat ein paar Tage im Kühlschrank. (dpa/Foto: Alex & Angkana Neumayer/Kochen und Kunst/Christian Verlag/dpa-tmn)