Portwein und Schokolade. Allein beim Gedanken an diese Kombination schmelzen manche dahin. Wer mag, eifert Kenner José Sá nach, der beim diesjährigen Weihnachtsdinner Besonderes vorhat.
Zwei Pairings werden das Festmahl im Kreis der Lieben einklammern. «Ein trockener weißer Portwein mit weißer Schokolade ist ideal als Aperitif. Der Magen schafft Raum, weil er den Zucker spürt», sagt er. Und wenn das Festmahl verspeist ist, gibt es den passenden Abschluss: «Ein fruchtiger, vollaromatischer Ruby mit dunkler Schokolade, die 58 Prozent Kakaoanteil hat. Beim Nachgeschmack hält sich die Schokolade sehr, sehr lang. Das ist ein fantastisches Ende des Weihnachtsessens.»
José Sá ist erst Anfang 30 und gilt als anerkannter Fachmann in Sachen Portwein und kulinarischen Kombinationen. Er leitet die Weinschule des neuen Erlebnis- und Museumskomplexes World of Wine (kurz: WOW), der über den Ufern des Douro aus alten Portweinlagern erwachsen ist. Allerdings nicht auf der Seite der Stadt Porto, die dem Wein ihren Namen gegeben hat, sondern auf der Gegenseite des Flusses in Vila Nova de Gaia.
Ebendort sind seit Jahrhunderten die Kellereien von Weltruf ansässig, in denen der Portwein langsam zu süffiger Reife gelangt.
Die heiligen Hallen des Port
Es riecht holzig, süß, durchdringend. Wer ein Portweinlager wie das von Taylor’s besucht, wird schon beim Eintritt von Aromen umspült. Man geht zwischen endlos scheinenden Fässerreihen durch. Schade, dass Audioguides hier die leibhaftigen Führungen ersetzt haben. Auf der anderen Seite: Besucher können so jederzeit rein und müssen sich nicht nach festen Führungszeiten richten. Der Audioguide ließ sich auch auf Deutsch einstellen.
Fixpunkte im Basiswissen des Portweinvokabulars sind Ruby und Tawny. Der Ruby reift vorrangig in der Flasche, der Tawny im Fass. Beide sind Verschnitte verschiedener Jahrgänge von roten Trauben, bei denen gut Ding über viele Jahre Weile haben will. Ein Tawny etwa kann durchaus ein Jahrzehnt, aber auch ein halbes Jahrhundert reifen.
Zeit für eine kurze Einführung für alle, die mit Portwein noch nicht in Berührung gekommen sind: Es handelt sich um einen Süßwein, der stärker und gehaltvoller ist als ein gewöhnlicher Wein.
José Sá liefert die Zahlen: «Portweine haben zwischen 17 und 22 Volumenprozent Alkohol und pro Liter zwischen 80 und 120 Gramm Zucker.» Der hohe Zuckergehalt macht die Ports lange lagerfähig – aber nicht nur das. Die Zugabe von Weingeist stoppt die Gärung, weshalb man von einem verstärkten, aufgespriteten Wein spricht.
Heimat des Portweins ist das obere Dourotal. Dort gedeihen die Trauben in einem heißen, trockenen Klima, abgeschirmt durch Berge. Im Frühjahr transportiert man den jungen Wein ins Atlantikklima von Vila Nova de Gaia, damit er unweit der Küste in kühlen, dunklen Hallen zwischen Granitmauern reift, bevor er verschnitten und abgefüllt wird. Das Gros der Produktion fließt in den Export.
Krönender Abschluss eines Kellereibesuchs ist die Probe. Gewöhnlich kostet man zwei Tropfen.
In Vila Nova de Gaia warten neun Jahrtausende Trinkkultur
Nachschläge anderer Art bietet die World of Wine, deren Name ein wenig befremdet. Der Distrikt besteht aus einem Dutzend Restaurants und sieben Museen, bei denen es um Themen wie Kork, Mode und Portos Geschichte geht – um Wein geht hier also allenfalls teilweise.
Das Roséweinmuseum «Pink Palace» ist poppig und mit typischen Instagram-Selfiespots wie zum Beispiel einem Bällebad, einer Badewanne und einem nordamerikanischen Straßenkreuzer aufgezogen. Eher Trinkmagerkost sind die fünf im Preis enthaltenen Pröbchen. An den Stationen wird gerade einmal der Boden der stilfreien Plastikbecher befeuchtet.
Dafür ist das, was in der World of Wine am unspektakulärsten klingt, absolut spektakulär und ein Höhepunkt in Nordportugal: die «Bridge Collection», benannt nach dem Sammler und WOW-Chef Adrian Bridge. Hier spaziert man durch neun Jahrtausende Trinkkultur und an Vitrinen mit 2000 Exponaten vorbei. Der weltweit erste Wein, erfährt man, stammte aus China, gefolgt von Georgien und dem Iran.
«Unsere Exponate sind alles Originale, und jedes Stück hat einen Bezug zum Wein», sagt Führerin Susana Vilas-Boas. Zu sehen sind Becher, Trinkschalen, Trinkhörner, Karaffen quer durch Epochen, Länder, Zivilisationen, Materialien – bis hin zu radioaktiven Gefäßen, die in einem abgedunkelten Raum grün durch eine Scheibe leuchten.
Probier- und Serviertipps für Portwein und Schokolade
Die Gastroadressen der World of Wine geben Gelegenheit, Reberzeugnisse zu testen. Ein beliebter Drink, frisch und spritzig, ist «Port-Tonic», ein weißer Port mit Tonic Water und Eiswürfeln. Kostenlos obendrauf gibt es vom Zentralplatz des neuen Distrikts den Blick über den Douro auf die Altstadt von Porto, wo sich die Hausfassaden wie ein gigantisches Steckspiel aufstaffeln.
In der Weinschule dringe Besucher tief in die Kernthematik vor. Leiter José Sá gibt Workshops und Probiertipps wie diesen: «Portwein passt wunderbar zu schwarzen oder weißen Trüffeln. Oder ein älterer Tropfen zu Foie gras.» Beim Portwein-Schokoladen-Tasting hält er dazu an, zunächst die Schokolade im Mund aufzulösen und dann nachzuspülen.
Dabei geht es ihm vor allem um die Balance zwischen Bitternoten und Süße. Für «eine Herausforderung» hält er, gewöhnliche Milchschokolade mit einem Portwein zu kombinieren: «Das ist nicht unmöglich, aber man muss es wirklich sehr süß mögen.»
José Sá, der in seinem früheren Arbeitsleben kurioserweise Maschinenbauingenieur war, scheut sich nicht, mit Mythen aufzuräumen: «Das mit der Raum- als Trinktemperatur ist eine große Lüge. Zwölf bis fünfzehn Grad sind perfekt, um jeden Portwein zu servieren.» Daheim hat er stets eine Flasche im Kühlschrank.
Dann verrät er noch ein Geheimnis, das er nicht als Stilbruch wertet: «Der Port ist solch ein komplexer Wein, der viel zugänglicher in einem größeren Glas ist, um alles zu entdecken, was in ihm steckt. Deshalb trinke ich Portwein zuhause nicht aus einem Portweinglas, sondern aus einem Weißweinglas.»
Da dürfte er beim Weihnachtsessen keine Ausnahme machen. (dpa/Foto: Andreas Drouve/dpa-tmn)