Viele Pilzvergiftungen entstehen nicht durch den Verzehr giftiger Arten, sondern durch das Essen verdorbener Speisepilze. «Wir Mykologen sprechen dann von einer „Unechten Pilzvergiftung“», erklärt Stefan Fischer, Pilzsachverständiger und Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM).
Die Unechte Pilzvergiftung entspricht damit einer Lebensmittelvergiftung, wie sie auch vergammeltes Fleisch oder Gemüse verursachen. Die Folgen sind daher ähnlich: Durchfall, Übelkeit bis hin zum Erbrechen. In schlimmen Fällen endet das im Krankenhaus.
Frische Pilze zeitnah zubereiten
«Pilze enthalten Eiweiß und sind daher in Sachen Haltbarkeit eher mit Fleisch als mit Gemüse oder Salat zu vergleichen», erläutert Fischer. Daher sollte man rohe Exemplare am selben Tag zubereiten oder maximal einen Tag im Kühlschrank aufbewahren. Schon zubereitete Pilzgerichte seien wie Fleischgerichte mehrere Tage im Kühlschrank haltbar.
Die Reste, die man aufheben möchte, sollten nach der Zubereitung aber rasch abkühlen, rät die Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane der Schweiz. Sie sollten dann bei maximal fünf Grad Celsius lagern.
Drücken und Klopfen als Frischetest
Grundsätzlich sollten Pilzsammler nur einwandfreie und junge Pilze mitnehmen. Bei Röhrlingen – also beispielsweise Birkenpilzen, Hexenröhrlingen, Rotkappen, Steinpilzen und Maronenröhrlingen – sollte der Hut noch fest sein. Dies lässt sich bereits im Wald einfach überprüfen, in dem man mit dem Daumen auf den Hut drückt. Bleibt eine Delle zurück, ist der Pilz zu alt. «Der Pilz zersetzt sich dann bereits», so Fischer.
Eine andere Variante ist der Klopftest. Dabei wird der Pilz zuhause vorsichtig auf einen Holztisch geschlagen. Hört man ein Klopfen, ist der Pilz okay, hört man nichts, ist der Fruchtkörper zu alt. «Ich weiß, dass die Versuchung groß und der Sammlerstolz häufig ausgeprägt sind, doch der größte Steinpilz ist garantiert nicht der qualitativ beste», sagt Fischer.
Was Farbe und Fruchtkörper aussagen
Wie schnell ein Pilz weich wird, ist artspezifisch. So werden Birkenpilze relativ schnell weich und für den Verzehr ungeeignet. Der von Pilzkennern geschätzte Flockenstielige Hexenröhrling (Neoboletus luridiformis) zählt dagegen zu den festfleischigen Arten.
Beim Pfifferling (Cantharellus cibarius) kann man leichte Farbveränderungen ins Dunkelorangene, insbesondere an den Rändern, tolerieren. Zeigen Hut oder Stiel jedoch matschige, dunkel verfärbte Stellen, wirkt der Fruchtkörper glasig oder sind die Leisten unter dem Hut sogar mit einen spinnweben-artigen Belag bedeckt, ist der Pilz definitiv vergammelt.
Schwarze Verfärbungen bei der Totentrompete (Craterellus cornucopioides) sind dagegen unproblematisch. «Reife Totentrompeten sind dunkel und so lange sie frisch sind, kann man sie verzehren», so Fischer. Ein wichtiges Merkmal für deren Frische sei, dass sie spröde brechen. «Verdorbene Totentrompeten sind mehr oder weniger elastisch und später matschig», erklärt der Pilzexperte.
Eine Besonderheit im Alter zeigt die Krause Glucke (Sparassis crispa). Der korallenartige Pilz, der als Schwächeparasit nur am Fuß von Kiefern wächst, bekommt an seinen Blättern einen braunen Rand.
Vorsicht bei weißem oder goldgelbem Pelz
Generell gilt: Zeigt sich auf einem Pilz ein weißer oder goldgelber Pelz, könnte es Schimmel sein. Dieser kann sich auch auf jungen, festfleischigen Exemplaren bilden. Häufig zeigt er sich auf der Röhren- oder Lamellenschicht unter dem Hut. Auch dann befindet sich der Pilz bereits in der Zersetzungsphase. Selbst wenn es nur eine kleine Stelle ist, sollte man den Pilz wegwerfen.
Denn ähnlich wie bei Brot und Marmelade besteht der Schimmel im Pilz nicht nur aus dem sichtbaren Teil, sondern er hat sich im Pilz schon weiter verbreitet. «Auch in einem Pilz erzeugen Schimmelpilze giftige Stoffwechselprodukte, die für Menschen ungesund sind», betont Fischer.
Auch Nachtfröste im Spätherbst können junge Fruchtkörper ungenießbar machen. Meist werden die Pilze dann glasig. Das Problem sei hier, sagt Fischer, dass man nicht genau wisse, wie häufig der Pilz witterungsbedingt schon gefroren und wieder aufgetaut wurde.
Finger weg bei starkem Madenbefall
Pilze, die stark von Maden befallen sind, sollten Sammler ebenfalls nicht verzehren, weil auch die kleinen Tierchen Stoffwechselprodukte erzeugen, die unerwünschte Nebenwirkungen haben können.
Tipp: Bereits im Wald den Pilz einmal quer durchschneiden, denn einzelne Fressgänge lassen sich entfernen. Ist der Pilz regelrecht durchlöchert, sollte man ihn aber wegwerfen. Fressspuren von Schnecken sind indes kein Problem.
Übrigens: Wer zu alte oder verdorbene Pilze im Wald lässt, tut nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern auch der Natur. Alte Fruchtkörper tragen reife Sporen, die für die Fortpflanzung der Pilze wichtig sind. «Ein alter, vermadeter Pilz kann noch Millionen von Sporen abgeben, aus denen dann neues Myzel entsteht», erklärt die Pilzberatung des Botanischen Museums in Berlin.
Und so tragen Pilzsammler, in dem sie verdorbene Exemplare stehen lassen, dazu bei, dass sie sich im nächsten Jahr auf junge, knackfrische Pilze freuen können. (dpa/Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn)