Gourmet Tipps & Tricks

Frisch und schnörkellos: Neuengland is(s)t mehr als Clam Chowder

Die New England Clam Chowder, eine sämig-weiße Muschelsuppe, ist sicherlich die berühmteste Spezialität Neuenglands. «Die eignet sich hervorragend für Hobbyköche, um die Region im Nordosten der Vereinigten Staaten am eigenen Herd in kulinarischer Hinsicht zu entdecken», sagt Markus Elter. Er vertritt das Fremdenverkehrsamt von Neuengland und schwärmt von der Küche der US-Staaten: «Frischer Hummer, Austern und Muscheln, Fisch und Wild, Cranberries, Blaubeeren, Ahornsirup oder Käsespezialitäten sind nur eine Auswahl der Leckereien, für die Neuengland berühmt ist.» Regional und saisonal sei die Küche, vor allem aufgrund der zahlreichen Farmen in der Gegend. Dank der kilometerlangen Küstenlinie stehen Fisch und Meeresfrüchte hoch im Kurs.

Weniger schmeichelhaft lautet dagegen häufig die Beschreibung der neuenglischen Küche: Sie ist geprägt von deftigen, gehaltvollen Speisen, wie Suppen oder kräftigen Eintöpfen. Vielleicht ist dieser Ruf ein Grund, dass es nicht ein deutschsprachiges Kochbuch dazu gibt? Dabei ist die Region doch berühmt für seine Gerichte mit Fisch und Meeresfrüchten. Populär sind zudem Boston Baked Beans.

Deftiger und gehaltvoller Bohneneintopf

Der Bohneneintopf ist ein Gericht der indigenen Völker, die ebenfalls einen großen Einfluss auf die Küche Neuenglands hatten und deren Zutaten, zum Beispiel Mais, Truthahn und Kürbis, und Zubereitungsmethoden noch heute in der Region dominieren. Dass die Küche eher einfach ist, liegt vermutlich auch am puritanischen Erbe: Nahrung diente den ersten Siedlern ausschließlich zum Überleben. Genuss war bei den religiösen Pilgervätern im 16. Jahrhundert verpönt.

Kate Bowler stellt mit den Crab Cakes einen neuenglischen Küchenklassiker vor. Foto: Kate Bowler/Globe Pequot/dpa-tmn

Gabi Frankemölle, Foodbloggerin bei usa-kulinarisch.de, teilt diese Ansicht. Die Küche Neuenglands ist laut der USA-Kulinarik-Expertin bodenständig und ziemlich deftig. Sie hat auf ihrem Blog mehr als 1.000 amerikanische Rezepte veröffentlicht. Mit Clam Chowder, da stimmt sie Markus Elter zu, könne man die Küche Neuenglands am besten entdecken.

Clam Chowder mit Miesmuscheln

Für die Suppe dünstet Frankemölle Speck, Zwiebeln und Knoblauch in zerlassener Butter und dickt mit Mehl an. Dann kommen Fischfond, Kartoffelwürfel und Selleriescheibchen dazu. Wenn das Gemüse weich gekocht ist, gibt sie die Muscheln in den Topf. «Weil Venusmuscheln als Einlage schwer zu bekommen sind, verwende ich üblicherweise frische Miesmuscheln», sagt die Foodbloggerin.

Durch Sahne und Milch erhält die Suppe dann ihre cremige Konsistenz, abgeschmeckt wird mit Salz, Pfeffer, einem Spritzer Zitronensaft und frischen Kräutern wie Petersilie, Schnittlauch oder Dill. «Wer mag, kann zum Servieren das Muschelfleisch aus den Schalen pulen. Aber eigentlich macht es ja gerade den Reiz aus, wenn das jeder selbst macht. Stilecht benutzt man eine leere Muschelschale als Zange», schlägt Frankemölle vor.

Für «Amerika: Das Kochbuch» hat die Amerikanerin Gabrielle Langholtz 800 Rezepte recherchiert, knapp 150 Gerichte davon aus den Neuengland-Staaten. Natürlich gibt es auch ein klassisches Rezept für die Clam Chowder. Spannend sind aber vor allem die weniger bekannten Gerichte: ein Muschelkuchen aus Connecticut zum Beispiel, bei dem Muschelfleisch mit Kartoffelstückchen und krossem Bacon in einem Teig im Ofen gebacken werden.

Hummer und Muscheln einfach schön schichten

Oder statt der traditionellen Lobster Roll aus Maine, bei dem gehacktes Hummerfleisch in einem Hotdog-Brötchen serviert wird, gibt es ein Rezept für BLT-Sandwich mit Hummer. BLT steht für die Initialen seiner Hauptzutaten: «Bacon, Lettuce and Tomato», also zu Deutsch Schinkenspeck, Salat und Tomaten.

Ausführlicher und sehr modern präsentieren amerikanische Kochbuchverlage die Region. Für «New England Invite: Fresh Feasts to savor the seasons» habe sich die Autorin Kate Bowler von regionalen Produkte inspirieren lassen und von dem enormen Einfluss, den die Jahreszeiten auf ihre Heimatküche habe. «Die Küche Neuenglands ist tief verwurzelt in der Küstenregion und geprägt von Meeresfrüchten und regionalen Zutaten», erklärt Bowler. «Sie ist einfach, frisch und schnörkellos.»

«Mein Lieblingskapitel ist das Clambake, der Höhepunkt in der Küche Neuenglands», schreibt Bowler. Bei einem Clambake werden Hummer, Muscheln und andere Zutaten übereinander geschichtet – eigentlich in einem Erdofen am Strand. Bowler hat ein Rezept entwickelt, mit dem das Event auch zu Hause möglich ist.

Wenn alle mit Bier in der Hand um den Topf stehen

In einem riesigen Topf werden ganze Kartoffeln, Maiskolben, geräucherte Wurst, Venusmuscheln, Miesmuscheln und zuletzt Hummer in einem mit Knoblauch, Zwiebel, Zitrone und Sellerie aromatisierten Wasser gedämpft. «Alle wollen zugucken und mithelfen», schreibt Bowler. «Wir stehen mit Topflappen in der einen und einem kalten Bier in der anderen Hand um den Topf herum und schichten eine Lage nach der anderen in den Sud.»

Deftige, schwere Eintöpfe findet man in «New England Invite» nicht. Stattdessen leichte, frische Gerichte mit lokalen und saisonalen Zutaten, die einfach zuzubereiten sind, und die es anderorts sicher genauso geben könnte. Aber Rezepte wie die Crab Cakes, gebratene Fischfrikadellen aus Krebsfleisch, die Berry Crostini, Baguette mit Ricotta getoppt mit frischen Blaubeeren, oder eine Kürbis-Butter tragen deutlich die Handschrift Neuenglands. (dpa/Foto: Danielle Acken/ZS Verlag/dpa-tm)n

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