Die Vorteile liegen auf der Hand: Nie mehr abends noch in den Supermarkt, kein fettiges Kantinenessen mehr – stattdessen sonntags etwas mehr Zeit investieren, und dann die ganze Woche genießen. Das hieß mal Vorkochen und existiert als Idee spätestens seit dem Siegeszug der Mikrowelle. Neu ist die Idee also nicht. Und doch feiert sie gerade wieder ihre Auferstehung, unter dem Namen „Meal Prep“. Nur ein neuer Name? Oder mehr? „Im Prinzip ist es das Vorkochen, das Oma schon gemacht hat“, sagt Kochbuch-Autorin Inga Pfannebecker. Aber eben nur im Prinzip: Ein wichtiger Bestandteil des neuen Vorkochens ist zum Beispiel der To-Go-Gedanke – also am Sonntag schon die gesunde Büro-Mittagspause für Dienstag vorzubereiten. „Das haben die Großeltern natürlich eher nicht gemacht.“
Zudem stehen meistens Ausgewogenheit und Abwechslung im Mittelpunkt. „Früher war das klassische Vorkochen eher, mehr von einem Gericht zu kochen und das dann über zwei bis drei Tage verteilt zu essen“, erklärt Veronika Pichl, die ein Buch über den Ernährungs-Trend geschrieben hat. „Die Weiterentwicklung ist jetzt, das abwechslungsreich immer neu zusammenzustellen.“ Vor allem Grundzutaten – Nudeln, Quinoa oder Süßkartoffeln, auch manches Gemüse oder gebratenes Fleisch – lassen sich so immer anders und immer neu verwenden.
Diese Idee steht auch für Andrea Martens im Mittelpunkt des neuen Vorkochens. „Es geht nicht darum, für jeden Tag komplett was Neues zu kochen“, sagt sie. „Das muss ein Baukastensystem sein.“ In ihrem Buch „Alles schön vorbereitet“ zeigt sie dafür Beispiele: Gebeizter Lachs etwa landet da erst auf Pasta, dann in Pfannkuchen-Rollen. Pulled Pork ist erst das Sonntags-Festmahl und taucht dann dienstags nochmal in einem Burger auf. Und geröstetes Gemüse kommt erst in den Nudelsalat und dann in einen Wrap.
Die Frage ist nur: Warum? Dafür nennen die Expertinnen gleich mehrere Gründe, allen voran die Sparsamkeit. Am Wochenende kostet die Methode zwar erst einmal Zeit. Samstags wird geplant und eingekauft, sonntags gekocht. Ein paar Stunden sollte man dafür schon einplanen, da sind sich die Profi-Prepper einig. Ein halber Tag muss es aber eigentlich nicht sein. Fünf Abend- oder Mittagessen zum Beispiel seien in zwei Stunden gut machbar, sagt Pichl.
Und unter der Woche geht es dafür deutlich schneller: Nur noch aufwärmen und genießen – und dafür weniger Einkäufe und deutlich kleinere Geschirrberge. Und Geld spart man auch noch: „Weil man sehr genau plant“, sagt Pichl. „So hat man mehr Kontrolle darüber, was man wirklich braucht und verbraucht und muss nicht so viel wegschmeißen.“ Größere Lebensmittel-Mengen sind zudem oft günstiger als Single-Portionen.
Das Thema Kontrolle spielt auch beim zweiten Vorteil von Meal Prep eine Rolle. „Wenn wir vorkochen, wissen wir, was drin ist“, sagt Pichl. „Bei Fertiggerichten oder in der Kantine wissen wir es nicht.“ Davon profitieren vor allem Kalorienzähler oder Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten – aber natürlich auch alle anderen, die ihr Essen gerne genau kennen. Deshalb passt das moderne Vorkochen auch gut zu Ernährungskonzepten wie „Clean Eating“. Dabei geht es darum, möglichst nur naturbelassene und unverarbeitete Lebensmittel zu essen. Und das fällt mit Meal Prep leichter: „Der Vorteil ist, dass man dran bleibt“, sagt Food-Bloggerin und „Clean Eating“-Expertin Julia McCoy. „Man isst ja eher vier, fünf oder sechs Mahlzeiten am Tag mit Clean Eating, also auch die Snacks zwischendurch.“
Die Bloggerin macht dafür am Sonntag zum Beispiel gleich einen ganzen Berg an Müsliriegeln oder sogenannten Energy Balls aus Nüssen und Datteln. „Wenn ich jeden Riegel immer frisch machen müsste, würde ich ja wahnsinnig.“ Und wer mit solchen Snacks bewaffnet zur Arbeit geht, erliegt auch nicht so schnell dem Lockruf des Schokoriegels. Der Snack am Abend, das gesunde Mittagessen im Büro: Das sind die Situationen, in denen Meal Prep besonders gut funktioniert. Umgekehrt hat die Methode aber auch ihre Grenzen. Kinder etwa. „Meal Prep ist auch familienkompatibel, man muss aber etwas flexibler sein“, sagt Pichl. Denn bei Kindern lässt sich längst nicht so gut voraussagen wie bei Erwachsenen, auf was die jungen Herrschaften welchen Hunger haben – gut möglich, dass der Menüplan vom Samstag da am Donnerstag auf wenig Begeisterung stößt.
Und längst nicht jedes Lebensmittel ist fürs Vorkochen gleichermaßen geeignet. „Kohlenhydrathaltige Beilagen lassen sich gut vorbereiten, proteinhaltige Sachen oft auch“, sagt Pfannebecker. Schwierig wird es bei frischem Fisch – da müssen dann schon Räucherlachs oder Thunfisch aus der Dose her. „Obst und Gemüse dagegen sollte man möglichst frisch zubereiten, aufgeschnitten verliert es doch viel an Vitaminen.“ Eine Ladung Gemüse aus dem Ofen ist aber auch zwei Tage später noch gut und lecker.
Was wie lange noch schmeckt, ist auch eine Frage der Ausrüstung. Für ernsthafte Meal Prepper lohnt es sich etwa, beim Kauf der Plastikboxen genau hinzusehen. „Ich hatte schon welche, bei denen das Essen nach zwei oder drei Tagen extrem nach Plastik geschmeckt hat“, sagt Bloggerin McCoy. „Und platzsparend sollten sie natürlich sein, also eher flach als hoch.“ Deutlich schicker sind große Schraubgläser, für Salate etwa. Und besonders praktisch sind Vakuum-Beutel, vor allem für die Aufbewahrung im Gefrierschrank. Der ist für Meal Prep übrigens keine Pflicht, sagt Veronika Pichl. „Nur mit Kühlschrank und einem kühlen Vorratsraum oder -schrank geht das auch.“ Gut verpackt halten sich zubereitete Lebensmittel darin schon drei bis vier Tage, erklärt die Expertin – selbst gebratenes Fleisch. Kritisch wird es ohne Tiefkühl-Technik daher höchstens gegen Ende der Woche. Aber auch dafür gibt es Lösungen: „Vielleicht kocht man dann sonntags nur für ein paar Tage vor und macht in der Woche nochmal einen Frischetag, wo ich ein paar Sachen nachlege.» (dpa/Titelfoto: Jo Kirchherr/AT Verlag/dpa-tmn)