Gourmet Tipps & Tricks

Aber bitte mit Geschmack! So geht Kochen ohne Salz

Früher war es das «weiße Gold» – teuer, rar und hoch geschätzt. Heute kostet es nur noch ein paar Cent und wir streuen es oft ohne nachzudenken in jedes Kochwasser und fast jedes Gericht, das wir zubereiten. Aber muss Salz wirklich sein – immer und überall?

«Nein», sagt Michel Hanssen, Spitzenkoch und Autor des Buches «Salzlos genießen». Da in vielen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch und Gemüse von Natur aus Natrium, also Salz, enthalten sei, könne man auf zusätzliches Salzen problemlos verzichten und stattdessen andere Gewürze und Kräuter verwenden. Das sei nicht nur gesünder, sondern bereichere viele Gerichte auch um neue Geschmacks- und Aromanuancen.

25 Kräuter reichen für Geschmack der ganzen Welt

«Mit 25 Kräutern können Sie den Geschmack der ganzen Welt in ihre eigene Küche bringen», betont der Niederländer. Hanssen rät zu einem kleinen Fundus an Gewürzmischungen, mit denen er abwechslungsreich und salzlos abschmeckt. Beim Kombinieren darf nach individuellen Vorlieben experimentiert werden.

«Steht die Rezeptur einmal fest, hat man die Mischung schnell zur Hand und weiß, dass die damit gewürzten Speisen immer wieder genauso schmecken, wie man sich das wünscht», sagt Hanssen. Vom Hühnchen-Spezial-Mix über das Kartoffel- oder Risottogewürz bis zum Cafè-de-Paris-Mix reicht Hanssens Palette an Gewürzmischungen. Den Cafè-de-Paris-Mix, der unter anderem Paprika- und Currypulver, Pfeffer, Knoblauch, Senfsamen, Rosmarin, Thymian und Zitronensäure enthält, empfiehlt er für Saucen, Dressings, Kräuterbutter und Mayonnaise.

Wer beim Kochen mit den richtigen Gewürzen experimentiert, braucht kein Salz. Foto: Bart Nijs/LV Buch/dpa-tmn

Elf Gewürze und ein Rotwein für die Hochrippe

Aber auch große Fleischgerichte gelingen mit den richtigen Alternativen ganz ohne Salz. Zu Hanssens persönlichen Lieblingsessen gehört «Boeuf Bourguignon». Speziell dafür hat er die «Melange Bourguignon» aus Petersilie, Knoblauch, Anissamen, Majoran, Ingwerpulver, Englischem Currypulver, getrocknetem Thymian, gemahlenem Lorbeer, Muskatblüte und Kardamom sowie getrockneten Rosmarinnadeln komponiert.

Der Mix würzt eine gewürfelte Hochrippe vom Rind, die mit Zwiebeln, Möhren und Champignons in Butter angebraten wurde. Das Ganze simmert etwa zwei Stunden in Rotwein und Rinderbrühe vor sich hin und fertig ist ein hocharomatischer Fleischgenuss – ganz ohne Salzzugabe.

Liebstöckel und Knollensellerie als Salzersatz

Auch Steve Karlsch, Kulinarischer Direktor der Brasserie Colette Tim Raue, plädiert dafür, eigene Gewürzmischungen aus getrockneten und pulverisierten Kräutern und Gewürzen zu kreieren und Speisen damit eine ganz individuelle Handschrift zu geben. Karlsch schätzt aber auch die Aromatik und Saftigkeit frischer Kräuter. «Liebstöckel ist ein Wahnsinns-Salzersatz», schwärmt er.

Und auch mit den Klassikern Petersilie, Dill und Schnittlauch lasse sich zugleich Schärfe und Frische in die Küche bringen. Knollensellerie, der von Natur aus einen hohen Natriumgehalt habe, sei ideal für die salzarme Küche, sagt Karlsch. Roh runde er viele Gerichte aromatisch ab. Und den «unfassbar intensiv» schmeckenden getrockneten Sellerie könne man zum Beispiel über Fisch-, Fleisch- oder Gemüsegerichte hobeln.

Auch in Pilzen steckt «natürliche Salzigkeit»

Eine «natürliche Salzigkeit» in Schmorgerichten erreicht Karlsch unter anderem durch die Zugabe von frischen und getrockneten Pilzen. Sie seien auch ideal für die Zubereitung von Gemüsefonds und -brühen, die als aromatische Grundlage für Soßen und Suppen dienen könnten. Außerdem rät der Profi dazu, Reis und Nudeln statt in Salzwasser in selbst gemachten Gemüsebrühen zu kochen.

Zum Einstieg in die salzarme Küche empfiehlt Stefan Hermann, Koch und Gastronom aus Dresden, kräftige Kräuter und Gewürze mit vielen ätherischen Ölen zu verwenden. Kümmel, Sternanis, Rosmarin, Dill oder Senfkraut könnten eine Würzigkeit in Speisen bringen, die Salz überflüssig mache. Auch Sojasauce sei eine Alternative.

Ein in gutem Olivenöl, Pfeffer und Kräutern marinierter Saibling, mit Schalotten, Lorbeerblatt oder auch Zitronengras im Ofen bei 40 bis 50 Grad Celsius gegart, lasse keine Wünsche offen, sagt Hermann. «Auf Salz kann man da leicht verzichten.» Karlsch schlägt vor, Fisch oder Gemüsegerichte einmal mit zerbröselten Hefeflocken zu bestreuen. Die vor allem aus der veganen Küche bekannte salzfreie Würzzutat sei gesund und bringe einen intensiven Eigengeschmack mit.

Regelmäßiges Entgiften hilft Geschmacksnerven

Hermann rät zudem, den Körper regelmäßig durch den Verzicht auf Zucker, Kaffee und Alkohol zu entgiften. Dabei könnten sich die Geschmacksnerven erholen und reagierten anschließend wieder sensibler. Die natürlichen Aromen der Produkte würden wieder besser erfasst und übertriebenes Salzen werde überflüssig.

«Wir sind durch Fertiggerichte von Kindheit her an viel Salz gewöhnt», weiß auch Hanssen. Die Entwöhnung gehe deshalb schrittweise vor sich und funktioniere nur mit einem Verzicht auf Fertigprodukte, die fast immer viel Salz enthalten. «Man muss anfangen selbst zu kochen», betont der von der niederländischen Kochgilde SVH mit dem Meistertitel ausgezeichnete Küchenprofi. Dann könnten nach einiger Zeit Aromen auch wieder besser wahrgenommen werden, und dem gesunden Genuss ohne Reue steht nichts mehr im Wege. (dpa/Foto: Bart Nijs/LV Buch/dpa-tmn)

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