Kaffee ist für viele Menschen der Wachmacher schlechthin. Doch er kann noch mehr, als nur die Müdigkeit aus den Gliedern zu treiben. Studien deuten darauf hin, dass Kaffee durchaus gut für die Gesundheit sein kann. Wie kommt das?
Das kann kaum eine bessere Expertin als Anna Flögel beantworten. Die Ernährungs- und Gesundheitswissenschaftlerin hat intensiv zur Auswirkung von Kaffee auf die Gesundheit geforscht und kennt den wissenschaftlichen Stand der Dinge.
«Kaffee ist nicht ungesund», sagt sie. Vielmehr deutet die Studienlage heute das Gegenteil an. «Zumindest ein moderater Konsum ist eher mit einem allgemein reduzierten Krankheitsrisiko zu verbinden», sagt Flögel.
Moderater Konsum heißt nach ihren Worten: zwei bis vier Tassen am Tag. Wobei es bis heute nicht abschließend geklärt ist, ob man auch zu viel Kaffee trinken kann. Bei Schwangeren zum Beispiel gibt es Hinweise, dass zu viel Koffein (folglich auch: zu viel Kaffee) schlecht für die Entwicklung des Ungeborenen sein kann. Aber pauschal für alle Menschen lässt sich das nicht sagen.
Kaffeetrinker leben länger
Anna Flögel hat Langzeitstudien ausgewertet, für die Zehntausende Menschen über Jahrzehnte immer wieder zu ihren Lebensgewohnheiten befragt und neu aufgetretene Krankheiten erfasst wurden.
Eine Erkenntnis daraus dürfte Kaffeeenthusiasten freuen: «Wer Kaffee trinkt, lebt länger – und zwar über die Kontinente hinweg», sagt sie.
Dabei hatte Kaffee lange Zeit einen eher schlechten Ruf, wenn es um die Gesundheit ging. Warum eigentlich?
Das hat Flögel zufolge mit den Designs der Studien zu tun und vor allem damit, dass ein ganz zentraler Faktor zu wenig berücksichtigt wurde: das Rauchen. Denn es ist so, dass Raucherinnen und Raucher häufiger Kaffee trinken. Und der Konsum von Kaffee steigt mit der Menge der Zigaretten, zeigen die Daten.
Gesundheitsrisiken, etwa das erhöhte Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, wurden dem Kaffee also teils fälschlicherweise zugeschrieben. Oft waren die Glimmstängel die wahren Schuldigen.
Vorbeugend gegen bestimmte Krebsarten
Tatsächlich deuten die wissenschaftlichen Untersuchungen inzwischen vielfach gesundheitsfördernde Aspekte an. So ist es wahrscheinlich, dass Kaffeekonsum eine gewisse vorbeugende Wirkung gegen Gebärmutterkörperkrebs und Leberkrebs hat.
Gleiches gilt für Typ-2-Diabetes. Das Risiko gesunder Personen, Bluthochdruck zu entwickeln, hängt wiederum laut Flögel nicht mit Kaffeekonsum zusammen.
Wobei der Blutdruck beim Kaffeetrinken natürlich kurzfristig insbesondere in der ersten Stunde danach steigt. Aktuelle Studien zeigen, dass Bluthochdruckpatienten deshalb aber kein erhöhtes Risiko haben, durch Kaffeekonsum etwa einen Schlaganfall zu entwickeln, so Flögel. Dennoch sollten sie den Konsum immer mit ihrem Hausarzt abklären, rät sie. Dabei kann man auch nachfragen, ob Kaffee womöglich die Wirkung von Medikamenten negativ beeinflusst.
Generell auf Kaffee verzichten müsse man als Bluthochdruck-Patient nicht, schreibt die Deutsche Herzstiftung. Allerdings sollte man seine Blutdruckmessungen so eintakten, das man wegen der kurzzeitig erhöhten Werte nicht 20 bis 30 Minuten nach dem Kaffeetrinken misst. Vorsichtig sollten Menschen mit Herzrhythmusstörungen sein – treten diese durch den Kaffeegenuss verstärkt auf, sollte man weniger trinken oder ganz verzichten.
Zwischenfazit: In aller Regel ist Kaffeetrinken ohne schlechtes Gewissen möglich, im Gegenteil. Wahrscheinlich ist es sogar gesund. Bleibt noch zu klären, wie Kaffee unmittelbar im Körper wirkt. Dafür schauen wir uns drei weit verbreitete Thesen etwas genauer an:
These 1: Kaffee trocknet aus!
Stimmt nicht. «Kaffee kann man normal zur Flüssigkeitsmenge hinzuzählen wie Wasser», sagt Wissenschaftlerin Anna Flögel. Das heißt, es zahlt ebenso auf die Tagesbilanz ein. Im Allgemeinen wird empfohlen, 1,5 bis 2 Liter am Tag zu trinken. Wer zwei Pott Kaffee zum Start in den Tag zu sich nimmt, ist also auf einem guten Weg.
Das Koffein im Kaffee hat zwar eine harntreibende Wirkung, die aber bei moderatem Konsum und insgesamt genügend Flüssigkeitszufuhr durch den Körper ausgeglichen wird.
These 2: Je mehr Kaffee, desto munterer!
Stimmt so pauschal nicht. Wie schnell Koffein verstoffwechselt wird, sei individuell sehr unterschiedlich, erklärt Flögel. «Bei dem einen reicht eine halbe Tasse, um die Nacht zum Tag zu machen, die andere kann vier Tassen trinken und schlafen gehen.»
Es gibt auch einen Gewöhnungseffekt: Wer regelmäßig viel trinkt, dem bringt eine Tasse nicht mehr so einen starken Kick.
These 3: Kaffee bringt die Verdauung auf Trab.
Stimmt durchaus. Bei vielen Menschen ist es Teil der Morgenroutine: Zunächst eine Tasse Kaffee und dann ab auf die Toilette fürs große Geschäft. So ein Effekt sei hauptsächlich durch das Koffein zu erklären, sagt Flögel, weil sich das generell stimulierend auf den Stoffwechsel auswirke. «Der Blutdruck steigt kurz, das Verdauungssystem wird angeregt.»
Pauschal trifft aber auch diese These nicht zu: Ob und wie stark Kaffee die Verdauung auf Trab bringt, sei letztendlich individuell unterschiedlich.
Und was ist, wenn einem der Kaffee auf den Magen schlägt?
Dann lohnt es sich womöglich, das Trinken von Espresso auszuprobieren. Das empfiehlt Diplom-Ökotrophologin Birgit Warnecke vom Deutschen Kaffeeverband in Hamburg. Espresso enthalte – bedingt durch Röstung und Zubereitung – etwas weniger Stoffe, die einen empfindlichen Magen möglicherweise reizen könnten.
«Der vielfach kommunizierte Ratschlag, zur besseren ‚Verträglichkeit‘ auf langzeitgerösteten Kaffee auszuweichen, ist ein Mythos, der auf einem veralteten Wissensstand basiert», sagt Warnecke.
Fakt sei, dass eine Langzeitröstung zwar für einen stärkeren Abbau der Chlorogensäuren sorge. Da diese im Röstkaffee beziehungsweise in der Tasse aber keineswegs auf den Magen schlügen, sondern diesen wahrscheinlich sogar eher schützten, sei die Aussage zur besseren Verträglichkeit von langzeitgeröstetem Kaffee heute überholt.
Milch im Kaffee mindert das Problem
«Wenn man unter einem bereits angegriffenen Magen leidet, sollte man es vermeiden, Kaffee – wie im Übrigen auch viele weitere Lebensmittel – auf nüchternen Magen zu trinken», rät die Expertin. Hier biete sich auch die Zugabe von Milch an, da dadurch der direkte Kontakt des Kaffees mit der Magenschleimhaut reduziert werde.
Da das Koffein verdauungsanregend wirke, werde entkoffeinierter Kaffee zum Teil auch besser vertragen als koffeinhaltiger. Er ist natürlich auch dann eine gute Alternative, wenn man auf die anregende und wachmachende Wirkung des Koffeins verzichten möchte. (dpa/Foto: Tobias Hase)