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Frau Jousten, welcher Wein zu welchem Wild?

Die Wildsaison läuft auf Hochtouren. Der Feinschmecker neigt dazu, die entsprechenden Gerichte mit vollmundigen Rotweinen abzurunden. Doch worauf soll er bei der Auswahl  im Weinkeller achten? Welche Tücken lauern? Und wäre ein kraftvoller Weißwein nicht auch eine Alternative? Mariella Jousten ist Sommelière und bietet in ihrem gleichnamigen Geschäft in der St.Vither Hauptstraße (www.sommeliere.be) Weine sowie Kurse und Seminare an. Mit ihr führten wir folgendes Gespräch.

Kann ich mit einem kräftigen Rotwein aus dem Burgund, aus Bordeaux oder von der Rhone überhaupt etwas falsch machen?

Die Wahl des Weines zu Wild hängt zuerst sehr stark von der Art des Wildes ab. Wir unterscheiden zwischen Federwild (Wachtel, Fasan, Rebhuhn, Ente, usw.) und Haarwild (Feldhase, Hirsch, Reh, Wildschwein, Elch, Gams,…). Relevant für die Weinwahl ist auch das Alter der Tiere vor allem beim Wildschwein oder Hirsch, sowie die Art der Zubereitung und der Beilagen. Je intensiver der Fleischgeschmack ist, desto kräftiger sollte auch der Wein sein. So kann zu einem Wildpfeffer oder Gulasch durchaus ein Wein aus Bordeaux, dem Rhône-Tal oder Languedoc gereicht werden; oder ein Barolo, Barbera D’Asti oder d’Alba; zu einem kurz angebratenem Reh-Rücken oder Hirschkalb darf es etwas Delikateres sein, wie ein Pinot Noir aus Burgund, dem Elsass, der Ahr oder Baden, ein Sangiovese aus Italien, etc. Im Allgemeinen können zu Wild, je nach Geschmack des Verbrauchers, auch Weine aus Übersee gereicht werden, zum Beispiel aus den Rebsorten Merlot, Syrah, Cabernet Sauvignon oder Franc. Gut geeignet ist auch ein Malbec aus Argentinien, ein Carménère aus Chile oder ein Pinotage aus Südafrika, vor allem zu fruchtigen, süßlichen Soßen. Bei der Wahl des „idealen“ Weines gibt es nur zwei Kriterien die wichtig sind:

  1. wählen Sie einen Wein, der in Harmonie mit dem Gericht steht. Der Wein sollte weder zu stark noch zu schwach im Vergleich zum Gericht sein.
  2. Sie sollten immer den Wein wählen, der Ihnen schmeckt. Es nützt nichts, wenn er perfekt zum Gericht passt, Sie aber keine Freude daran haben.
Die Wahl des Weines zu Wild hängt sehr stark von der Art des Wildes ab. Foto: Reporters

Die Wahl des Weines zu Wild hängt sehr stark von der Art des Wildes ab. Foto: Reporters

Wie wichtig ist die Reife der Weine?
Das Alter bzw. die Reife des Weines spielt ebenfalls eine Rolle, da ein Wein älteren Jahrgangs bestimmte Geschmacksmuster aufweist wie zum Beispiel Kakao, Unterholz, Leder, etc. Das sind charaktervolle und spezielle Aromen, die dem Verbraucher schmecken müssen und die zum Gericht passen sollten. Zu Rotkohl, Birne mit Preiselbeeren oder Kirschsoße zur Ente, Senfsoße zum Kaninchen passen solche Weine weniger. Da braucht es Speckbohnen, Rosenkohl, Waldpilze und einen tief-dunkelbraunen, konzentrierten Wildfond, kräftig und würzig.

Können Sie sich auch einen kräftigen Weißwein zu verschiedenen Wildzubereitungen vorstellen?
Zu Wildgerichten können durchaus auch Weißweine serviert werden. Unumstritten passen sie zu den meisten Arten des Federwildes (Fasan, Rebhuhn) und auch zu Reh und Hirsch ist es durchaus möglich. Dann sollte es aber ein sehr kräftiger und komplexer Weißer sein, taninhaltig, im Barrique gereift, und vielleicht sogar ungefiltert…. Geschmacklich hervorragend sind auch gereifte ältere Weißweine, aus Rebsorten, die von Natur aus wenig Säure haben wie Marsanne, Roussane, Pinots oder Chardonnay.

Beim Thema Käse scheiden sich in Sachen Weinbegleitung häufig die Geister. Leisten Sie bitte Aufklärung!

Meist wird zu einer Käseplatte Rotwein gereicht – weil es so üblich ist. Dass aber zu 98% der Käsesorten besser Weißwein passt, wissen die Wenigsten. Zu Rotwein passen lediglich einige lang affinierte Hartkäse. Weißwein passt deshalb so gut, da aufgrund des hohen Fettgehaltes im Käse, seine Säure als Gegenpol, erfrischend und harmonisch wirkt. Die Tannine (Bitterstoffe) im Rotwein hingegen beißen sich damit. Für experimentierfreudige Gaumen empfiehlt sich bei der nächsten Käseplatte einmal einen Weißwein und einen Rotwein parallel zu servieren, denn um zu überzeugen ist es immer am besten, den Gaumen im direkten Kontakt mit den Produkten entscheiden zu lassen. Wer es ganz genau wissen möchte nimmt sogar zu jeder Käse-Familie eine spezifische «Art» Wein, z. B. zu Frischkäse einen spritzigen, säurebetonten Weißwein oder zu einem Rotschmierkäse einen Süßwein. Falls nur ein Wein getrunken werden soll, ist es im Idealfall von Vorteil nur Käse aus derselben Familie zu wählen. Ganz wichtig: Jeder sollte den Wein wählen der ihm schmeckt und darauf achten, dass Wein und Gericht in Harmonie bleiben. Bleiben Sie auf jeden Fall neugierig und probieren Sie unbekannte Kombinationen aus – vielleicht gibt es ja die ein oder andere positive Überraschung! (hegen)

Mariella Jousten ist klar: "Zu 98 Prozent der Käsesorten passt besser Weißwein." Foto: DWI

Mariella Jousten ist klar: „Zu 98 Prozent der Käsesorten passt besser Weißwein.“ Foto: DWI

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