Gourmet Tipps & Tricks

Spiel mit dem Feuer: Scharfes Chili-Einmaleins

«Exotische Urlaubsreisen und Kochsendungen im Fernsehen heizen die Gewürzwelle immer weiter an», sagt Simone Julia Taschée, Autorin von «Alles Chili» und Eigentümerin der «Chili-Werkstatt» in Wien. «Und auch die starken Migrationsbewegungen beeinflussen die lokale Kulinarik. Sie bringen einen neuen aromatischen und schärferen Trend in die Küchen Mitteleuropas.»

Ein weiterer Grund für das gesteigerte Interesse an Chili: Vegetarische oder vegane Gerichte lassen sich zum Beispiel mit geräuchertem Chipotle-Chili geschmacklich spannend aufwerten und sie verstärken die Wahrnehmung der Aromen. Was muss man noch alles zu den kleinen Scharfmachern wissen? Hier kommt das Chili-Einmaleins:

Welche Schärfegrade es gibt?

Nicht jede Chili-Sorte ist scharf, auch wenn wir das hier in Mitteleuropa automatisch mit Chili assoziieren. Es gibt weltweit rund 400 Sorten. Lukas Heimbach, der in Köln im Bambule’s Chili verschiedene Chili-Eintöpfe serviert, erklärt die wohl bekannteste Maßeinheit, die Scoville-Skala: «Die besagt, wie viele Tropfen Wasser man benötigt, um die Schärfe zu neutralisieren.

Tabasco zum Beispiel hat 5000 Scoville. Das heißt, wir bräuchten 5000 Tropfen Wasser, also etwa 250 ml, um die Schärfe zu mildern.» Benannt wurde diese Maßeinheit übrigens nach dem amerikanischen Apotheker Wilbur Lincoln Scoville. Eine andere, leichter verständliche Einteilung kommt aus Mexiko: Sie teilt Schärfe auf einer Skala von eins bis zehn ein. Ihr folgt auch Simone Julia Taschée in ihrer Chili-Sortenkunde «Alles Chili».

Wie kann ich die Schärfe testen?

«Von außen lässt sich Schärfe kaum erkennen. Die Farbe ist zum Beispiel kein Kriterium. Es ist nicht so, dass roter Chili schärfer ist als grüner. Jeder Chili ist mal grün. Sorte, Sonne, Klima und Wassermenge bestimmen die Farbe der Chili», sagt Taschée.

Die Farbe von Chilischoten sagt nichts über ihren Schärfegrad aus. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Am ehesten gibt die Oberflächenstruktur einer Chili Aufschluss über den Schärfegrad: Je unebener, verschrumpelter oder vernarbter, desto schärfer. Es führt also kein Weg daran vorbei, eine Chilischote zu probieren, um herauszufinden, wie scharf sie ist. Oder man schlägt vorher in einem Chili-Ratgeber nach.

Wo sitzt die Schärfe und worauf muss ich bei der Zubereitung achten?

Die Schärfe sitzt vor allem in der Plazenta, sagt Lukas Heimbach. Das sind die kleinen Trennwände, an denen die Kerne hängen, diese feinen Häutchen und Fäden. Und in den Kernen. «Beim Verarbeiten wirklich scharfer Chili trägt man am besten Handschuhe», rät Lukas Heimbach. «Wenn man sich zum Beispiel mit dem Finger ins Auge fasst, nachdem man Chili geschnitten hat, brennt das höllisch.»

Wie geht man am besten vor, damit ein Gericht nicht zu scharf wird?

Schärfe entwickelt sich oftmals erst durch Hitze. Das heißt: Wenn man eine Chilischote vor dem Kochen probiert, schmeckt sie weniger scharf. Wenn man sie mitkocht, wird das Gericht erst später scharf. «Also lieber erst mal mit wenig Chili starten und nach dem ersten Kochen abschmecken und noch mal nachjustieren. So haben wir das auch gemacht, als wir unsere Chili-Rezepte entwickelt haben», sagt Lukas Heimbach.

Was mache ich, wenn das Gericht doch zu scharf geworden ist?

Wenn dann doch mal zu viel Chili im Topf gelandet ist, gibt es ein paar Tricks, wie man die Schärfe wieder abmildern kann. Bei einem Eintopf zum Beispiel kann man die Menge aller anderen Zutaten erhöhen, so verflüchtigt sich die Schärfe. Geht das nicht, rät Simone Julia Taschée, Fett dazuzugeben. «Wenn es zum Gericht passt, kann das Käse oder Creme Fraîche sein, oder auch einfach ein Schuss Pflanzenöl. Das bindet die Schärfe. Nicht umsonst enthalten viele indische Currys Joghurt.»

Was ebenfalls helfen soll: Ein hartes Stück Brot oder eine rohe Kartoffel mitkochen, diese binden ebenfalls die Schärfe. Aber Achtung: Bevor Brot oder Kartoffeln auseinanderfallen, muss man sie rausnehmen, sonst bleibt die Schärfe im Gericht.

Die Sorte Gänseschnabel zählt zu den milden Chilis. Sie sind eher fruchtig mit einem Himbeeraroma und kaum Schärfe. Foto: Michael Rathmayer/Braumüller Verlag/dpa-tmn

Was kann ich gegen das Brennen im Mund tun, wenn ich zu scharf gegessen habe?

Bloß kein Wasser trinken, warnen Taschée und Heimbach. Auch kein Bier. Capsaicin, das für die Schärfe verantwortlich ist, ist aber fettlöslich, daher lindern ein Schluck Milch oder ein Stückchen Käse am ehesten das brennende Gefühl im Mund. Lukas Heimbach serviert zu seinen Chili-Gerichten immer einen Klecks Sour Creme.

Wie vertrage ich Schärfe (besser)?

Schärfe an sich kann man nicht schmecken, es ist kein Geschmack wie süß oder salzig, Schärfe ist eher ein Schmerz im Nerv. Und dieses Schmerzempfinden lässt sich trainieren. Je häufiger ich scharf esse, desto besser vertrage ich Schärfe. Das sieht man zum Beispiel in Asien, wo schon Kinder scharfe Gerichte essen können, einfach, weil sie damit schon früh beginnen.

Aber Vorsicht: Schärfe kann auch süchtig machen. «Chili, oder besser gesagt, der Schmerz, den es im Nerv auslöst, fördert den Ausstoß von Glückshormonen. Man kommt in eine Art Flow, man wird high von der Schärfe», sagt Lukas Heimbach. Das ist das sogenannte Pepper-High: Das Gehirn hält die Schärfe irrtümlich für einen starken Schmerz, den der Körper bekämpfen will. Dafür schüttet er Endorphine aus, die wie ein Morphium ähnlicher Schmerzkiller wirken. Das führt dann zu einem gesteigerten Glücksempfinden, einer milden Euphorie. (dpa/Foto: Barbara Walton/epa/dpa-tmn)

 

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