Schön sind sie nicht gerade: Quitten sind schrumplige, holzige Früchte. Pur isst man sie so gut wie gar nicht, und sie zu verarbeiten, nimmt viel Zeit in Anspruch. Doch es lohnt sich. Der ein oder andere kennt die Frucht noch aus Großmutters Küche. „Damals wurde die Quitte hauptsächlich zu Mus, Marmelade oder Quittenbrot verarbeitet“, erklärt Quittenbauer und -winzer Marius Wittur. Letzteres ist eigentlich kein Brot, sondern ein herbstlich-weihnachtliches Konfekt.
Auch Küchenchef Nils Henkel experimentiert in seinem Restaurant im Rheingau gerne mit alten Obst- und Gemüsesorten. „Quittenbrot herzustellen, ist ganz einfach“, versichert der Sternekoch. Man muss nur die geschälten und entkernten Quitten mit Zucker und Wasser zu einem Brei einkochen, und diesen auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech glatt streichen. Im leicht vorgeheizten Ofen sollte die Masse trocknen, bis sie schnittfest ist. Je nach Geschmack verleihen Zimt, Sternanis, Kardamom, Ingwer und Nüsse dem Konfekt das gewisse Etwas.
Dass man Quitten nicht nur zu Gelee oder Saft verarbeiten kann, lernten die Autoren Frank und Evemarie Löser, als das Obst zu Recherechezwecken wochenlang auf dem Speiseplan stand. „Obwohl wir fast täglich Quitten aßen, wurden wir ihrer nicht überdrüssig.“ Die Quitte ist sehr vielseitig, die sowohl süß als auch in Kombination mit herzhaften Speisen schmeckt. Ein leckeres Hauptgericht sind mit Hackfleisch oder Ziegenkäse gefüllten Quittenhälften. „Die Quitten werden halbiert, entkernt, ausgehöhlt, nach Belieben gefüllt und im Ofen gar gebacken“, beschreibt Evemarie Löser.
Zum Schälen verwendet sie einen Sparschäler und zum Zerschneiden ein Brotmesser mit gewellter Klinge. Damit lassen sich die harten Früchte ohne großen Kraft- und Zeitaufwand zerkleinern.
In seinem Restaurant serviert Nils Henkel geschmorte Quitten an karamellisiertem Zucker, Rosmarin und Pfeffer zu Hirschrücken und Kerbelwurzeln. Die saisonale Zubereitung ist ihm besonders wichtig, so dass er Quitten meist mit ebenso herbstlichen Produkten kombiniert. Fleisch vom Wild passt am besten zur herben Quittensüße, genauso wie Kürbis und Maronen, die sich mit Quitten zu einem leckeren Ragout oder einer cremigen Suppe verarbeiten lassen. Geschmacklich harmoniert die Quitte aber auch mit Krustentieren wie Hummer oder Königskrabbe.
„Entgegen der weit verbreiteten Auffassung ist die Quitte sogar roh ein wahrer Genuss“, verrät Frank Löser. Dazu muss sie aber wirklich reif sein. Dies erkennt man zum einen am bräunlichen, leicht ablösbaren Flaum, zum anderen an den braunen Kernen im Inneren. Meist müssen Quitten nach der Ernte noch mehrere Wochen nachreifen, um sie – in dünne Scheiben geschnitten oder geraspelt – roh verzehren zu können. Wer die Quitte über längeren Zeitraum einlagern möchte, sollte bei der Ernte Acht geben. „Die Schale ist so empfindlich wie ein rohes Ei und bekommt leicht Druckstellen“, warnt Marius Wittur. Damit die Früchte nicht vorzeitig verderben, sollten sie in einer mit Zeitung oder Holzwolle ausgelegten Kiste einlagig aufbewahrt werden. „Bei kühlen Temperaturen von 12 bis 15 Grad können sie monatelang gelagert und bis ins nächste Jahr hinein verzehrt werden.“
Um gut in den Tag zu starten, trinkt Marius Wittur jeden Morgen ein halbes Glas hausgemachten Quittensaft – eine aromatische Vitaminbombe. Mit zirka 150 Aromen duftet die Quitte wie keine andere Frucht. „Nicht umsonst wurde sie früher als natürliches Duftmittel zur frischen Wäsche gelegt“, erzählt Löser. Von den vielschichtigen Aromen profitiert Marius Wittur vor allem bei der Herstellung seines Mustea-Quittenweins. Aus über 20 verschiedenen Quittensorten produziert er Secco, Rosé und Sherry, die aufgrund ihrer Süße der perfekte Begleiter von bitterem Gemüse wie Blattspinat, Mangold, grünem Spargel oder Artischocken sind.
Neben ihrem Duft überzeugt die Quitte mit ihren gesunden Nährstoffen. Vitamin C, Zink, Folsäure, Eisen, Kupfer, Gerb- und Schleimstoffe machen sie zum Superfood unter den heimischen Obstsorten. Zudem sollen Quitten harntreibend, entzündungshemmend, cholesterinsenkend und magenstärkend wirken. (dpa/Foto: Florian Schuh/dpa-tmn)