Wenn der geschmolzene Käse im Ofen langsam knusprig wird, steigt die Vorfreude. Mit einem warmen, duftenden Gratin kann man viele Menschen glücklich machen, sagt die Food-Journalistin und Kochbuch-Autorin Inga Pfannebecker. «Ich kenne eigentlich niemanden, der keine knusprige Kruste mag.» Eine solche lässt sich nicht nur mit Käse, sondern beispielsweise auch mit Mischungen aus Nüssen, Bröseln, Kräutern oder Hefeflocken erzeugen.
Der Ausdruck «gratinieren» kommt vom französischen Verb «gratiner» und bedeutet schlicht «überbacken», erklärt Küchenchef Achim Schwekendiek. Das bedeutet: Gratinieren lassen sich die unterschiedlichsten Speisen – von Fisch über Fleisch bis hin zu Gemüse und Desserts.
«Gerichte wie beispielsweise ein Kotelett machen mit einer Kruste immer ein bisschen mehr her», sagt Schwekendiek. In seinem Grundrezept mixt er 100 Gramm Butter mit Salz, einem Eigelb und 100 Gramm Mie de pain, Weißbrot ohne Kruste. Abwandeln lässt sich das Rezept zum Beispiel mit Kräutern, Senf, Schalotten oder Meerrettich.
Gratin-Masse zwischen zwei Folien ausrollen
Die Masse rollt Schwekendiek zwischen zwei Folien oder in einem Gefrierbeutel dünn aus und legt sie in den Kühlschrank, bis sie fest ist. So eine Kruste kann auf kurz gegartes Fischfilet gelegt und kurz im Ofen gegrillt werden. Auf Lachs macht sich eine Kräuter- oder Meerrettichkruste gut.
Vorbereitete Butter-Brösel-Masse halte sich gut im Kühlschrank und lasse sich auch einfrieren, sagt der Koch. Ob man eine Kruste mit oder ohne Fett herstellt, sei Geschmacksache. Er selbst nimmt gerne Butter. «Wenn die schmilzt, können die ätherischen Öle aus den Kräutern in das Fleisch eindringen». Gratinieren könne man auch ohne zusätzliches Fett, zum Beispiel einen Lammrücken mit einer trockenen Mischung aus Kräutern und Brotkrumen.
Mie de pain verwendet Schwekendiek vor allem, weil es so hell ist und die grüne Farbe der Kräuter stärker leuchten lässt. Man könne jedoch genauso gut Brot mit Rinde oder Vollkornsemmelbrösel verwenden. Auch an zerkleinerten Kräutern und Salaten eigne sich alles, was einem schmeckt. Wichtig ist, dass man es nach dem Waschen etwas abtupft, damit es nicht zu feucht ist.
Wann die Kruste auf Fisch, Fleisch oder Aufläufe kommt, hängt von der Garzeit der Zutaten ab. Bei einem Rehbraten etwa gart Schwekendiek die Kruste mit. Bei einem Filet und Fisch wird die Kruste nur kurz mit der Grillfunktion überbacken.
Aroma von Käse wird beim Erhitzen verstärkt
Gratinieren mit Käse gehe so gut wie mit jeder Sorte, so Schwekendiek. Was man beachten sollte: Das Aroma des Käses wird beim Erhitzen verstärkt. Mit fertigem Gratinkäse kann man nichts falsch machen. Doch auch mit anderen Sorten könne nicht viel schiefgehen. Nur bei sehr trockenen Käsesorten wie Parmesan sollte man aufpassen, weil er verbrennen und bitter werden kann.
Auch Inga Pfannebecker überbäckt Aufläufe gerne mit Käse – deren Schicht nach ihrem Geschmack nicht zu dick sein sollte. «Ich mag gerne Bergkäse, weil er so schön kräftig ist. Aber auch milder Mozzarella ist toll», erzählt sie. Den Käse bäckt die Buchautorin von Anfang an mit. «Er schützt die anderen Zutaten vor dem Austrocknen und sorgt dafür, dass alles saftig bleibt.»
Aufläufe und Gratins sind eine gute Möglichkeit zur Resteverwertung. Achim Schwekendiek nimmt beispielsweise bereits hart gewordene Käsereste und reibt sie zum Überbacken von Gratins. Inga Pfannebecker verwendet statt Käse auch Mischungen aus Vollkornsemmelbröseln und Nüssen, wahlweise auch mit Öl gemischt.
Nussmischungen nicht zu lange auf dem Auflauf lassen
«Wenn es ein bisschen kräftiger sein soll, nehme ich gerne Walnüsse. Wenn es dezenter sein soll, dann Mandeln.» Aber auch Pecannüsse, Kürbiskerne oder Haselnüsse eigneten sich gut. Im Gegensatz zum Käse lässt die Kochbuchautorin Nussmischungen lieber nicht zu lange im Ofen. «Länger als 15 bis 20 Minuten würde ich sie nicht auf dem Auflauf lassen», rät sie.
Auch Anne-Katrin Weber verwendet in ihren Rezepten gerne Nüsse. «Die sorgen dafür, dass ich etwas zu kauen habe und sind außerdem sehr gut bei veganer Ernährung», sagt die Kochbuchautorin. In ihrem Buch «Deftig vegan» zeigt sie, wie man mit pflanzlichen Zutaten herzhaft kocht. So lasse sich etwa mit gerösteten Zwiebeln oder Nüssen Deftiges zubereiten. «Beim Essen ist mir die Textur sehr wichtig», betont sie. Deshalb arbeite sie gerne mit Krusten.
Für ihr Kürbis-Apfel-Gratin hackt sie Walnüsse, Hefeflocken und Salbei fein, mischt das Ganze mit Mehl, Margarine, Salz und Pfeffer, verreibt alles zu Streuseln und stellt sie kalt. Zwanzig Minuten vor Ende der Garzeit streut sie die Mischung über das Gratin.
Hefeflocken sorgen für Umami-Würze der Kruste
Auf ihre mediterrane Lasagne mit geröstetem Gemüse kommt statt Parmesan eine Mischung aus fein gehackten Pinienkernen, Hefeflocken und Semmelbröseln. «Hefeflocken sind für das Aroma zuständig. Sie sorgen für die Umami-Würze im Essen, den deftig-vollmundigen Geschmack», erklärt die Autorin.
Gratinieren lassen sich nicht nur salzige, sondern auch süße Gerichte. Für ihr Beeren-Crisp mit Vanillejoghurt mischt Anne-Katrin Weber Haferflocken, Mandeln, Sonnenblumenkerne, Kokosblütenzucker, Kokosraspeln, Kokosöl sowie Salz und macht Streusel draus. Auf einer Mischung aus unterschiedlichen Beeren werden die Streusel 20 Minuten goldbraun gebacken und dann auf Vanillejoghurt serviert.
Achim Schwekendiek überbäckt Süßspeisen mit einer Mischung aus Eiern, Sahne, Zucker und Milch. Diese gibt er über mit Quark gefüllte Pfannkuchen, gratiniert das Ganze und serviert es mit Eis. Auch mit Zucker lassen sich süße Speisen überbacken – wie man es von der Kruste auf der Crème brûlée kennt. Mit Zucker gratinierte Desserts sollte man nicht zu lange stehen lassen, damit die knusprige Schicht nicht aufgeweicht wird, rät Schwekendiek. «Alles, was Crunch haben soll, sollte man warm servieren.» (dpa/Foto: Wolfgang Schardt/Gräfe und Unzer/dpa-tmn)