Schmeckt nicht! Warum machst du nie, was ich mag? Und was ist das Grüne da drin? Solche Kommentare von Kindern zum Essen sind meist Familienalltag. Dunja Rieber ärgert sich wie viele Eltern darüber. Aber sie weiß, wie man kleinen Mäkelfritzen sogar Gemüse andrehen kann.
Es sei nur das herbe Aroma von Gemüse, an das sich Kinder erst gewöhnen müssten, ist die Kochbuchautorin überzeugt. Und was hilft dabei? «Alles, was diesen Geschmack abmildert», so Rieber. Etwas Frischkäse oder Sahne in die Gemüsesuppe, Mango oder Kartoffeln unters Kürbispüree gemischt oder zum Kohlrabi einen käsigen Dip reichen. Auch gut: «Gemüse im Ofen schmoren. Dabei entstehen besonders viele süßliche Aromen.»
Für bunte Gemüse-Pommes sind mittags oder abends 40 Minuten einzuplanen, davon allerdings nur 15 Minuten aktiv. Die Gemüsespalten aus Süßkartoffeln, Möhren und Pastinaken werden mit Naturjoghurt und einem Walnuss-Dip serviert. Diese Rezeptidee von Rieber zeigt, dass Kochen für Kleinkinder kein Hexenwerk ist.
Mit wenigen frischen Zutaten lassen sich in kurzer Zeit leckere Mahlzeiten zaubern: So nimmt man eine Zwiebel, acht Tomaten und einen Esslöffel Oreganoblättchen, schmort alles eine halbe Stunde im Ofen und kocht dazu 250 Gramm Vollkornnudeln – und ruckzuck ist ein Abendessen für zwei kleine Esser fertig.
Mit fünf, sechs Zutaten ein frische Mahlzeit
«Aus maximal fünf, sechs Zutaten lassen sich gesunde Gerichte zubereiten», sagt Dunja Rieber. Die Grundidee für ihr Kochbuch war, trotz einem eng getakteten Familienalltag mit vielen Terminen frische Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen. «Wenig Aufwand, viel Geschmack – darum geht es», sagt die Mutter von zwei Kindern.
Besser als reden und aufdrängen sei das richtige Handeln: frisch einkaufen, das Kind am Gemüseregal auch mal entscheiden lassen, selbst kochen und gemeinsam am Tisch essen. «Wer Gutes vorlebt, an dem nehmen sich Kinder ein Beispiel – nicht sofort, aber Schritt für Schritt», so ihre Erfahrung.
Es lohne sich, auch mal ein wenig zu experimentieren. Rieber macht am Beispiel einer Möhre deutlich, auf welch vielfältige Weise ein Kind dieses Gemüse kennenlernen kann: In Form von Rohkost (solo oder mit Dip), geraspelt, gekocht, in Butter gedünstet, im Smoothie gemixt mit Obst. «Wir können Gemüse blanchieren, es im Backofen zubereiten oder es pürieren – diese Variationen ermöglichen es uns, auf die Vorlieben des Kindes einzugehen.»
Kind muss den Geschmack erst einmal abspeichern
«Wenn ein Kind den Geschmack erst einmal abgespeichert hat, erleichtert das die Chance, dass es irgendwann auch mal andere Varianten probiert.» Mag ein Kind beispielsweise kein Frühstücksbrot, sind gemixte Getränke eine gute Alternative: Ein Becher Joghurt oder Milch, etwas Obst und etwa ein bis zwei Löffel Vollkornflocken – das wird gemixt, und fertig ist die Erdbeer-Haferflocken-Milch.
Auch Peter Gehlmann hat sich Gedanken darüber gemacht, wie schon die Jüngsten am Tisch glücklich sind. Als siebenfacher Vater kann das eine Herausforderung sein. «Jedes Kind hat seinen eigenen Charakter, hat Vorlieben und Abneigungen, darauf wollen wir in der Familie eingehen», beschreibt der Kochbuchautor.
Hieß es in seiner Kindheit, «du isst, was auf dem Teller liegt», vermeidet Familie Gehlmann Zwang und Dogmen. «Wenn ein Kind morgens partout nicht hungrig ist, bekommt es sein Frühstück eben mit in die Kita oder die Schule», schildert er. «Brot, Obst, Pfannkuchen – es gibt so viele Optionen, und wir wollen nicht, dass wir einem Kind den Start in den Tag mit schlechter Laune vermiesen.»
Für den Wochenplan dürfen alle ihre Wünsche äußern
Für den Alltag empfiehlt Gehlmann einen detaillierten Wochenplan, bei dem alle Beteiligten ihre Wünsche äußern können. Einkaufslisten und durchdachte Vorratshaltung helfen außerdem, sich abwechslungsreich zu ernähren, ohne stundenlang in der Küche zu stehen. Gehlmann bevorzugt regionale, saisonale Produkte und setzt auch Tiefkühlprodukte ein. Seine Hackfleisch-Spinat-Muffins sind in zehn Minuten zubereitet und kommen nach dreißig Minuten Backzeit aus dem Ofen.
Kein Zwang, stattdessen Vielfalt und Flexibilität – nach diesem Motto futtern auch schon die Kleinsten am Tisch stressfrei. Für Prof. Mathilde Kersting, Kinderernährungsexpertin der Ruhr-Universität Bochum, ist die Freude beim Essen ein zentraler Gedanke. «Essen ist etwas Schönes. Bei gemeinsamen Mahlzeiten in der Familie sollte der Genuss im Vordergrund stehen, nicht das verkrampfte Nachhalten von Nährwerten», sagt sie.
Kersting registriert eine große Unsicherheit bei Eltern, etwa am Beratungstelefon Kinderernährung, das wissenschaftlich fundierte Ratschläge zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern gibt. Die Expertin vermittelt eine Faustregel: Wasser als Regelgetränk, reichlich pflanzliche Lebensmittel und mäßig tierische Lebensmittel.
Sparsamer Einsatz von Fett und Zucker
Die optimierte Mischkost sieht den sparsamen Einsatz von fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln vor, den mäßigen Umgang mit Milch, Eiern, Fleisch und Fisch sowie die reichliche Gabe von Gemüse, Obst, Kartoffeln, Nudeln, Reis, Getreide und Brot.
«Manche Kinder haben Phasen, in denen auch ein bislang akzeptiertes Gericht plötzlich nicht mehr schmeckt», so Kersting. Darauf sollten Eltern freundlich eingehen. Es lohne sich, das abgelehnte Lebensmittel entspannt in Abständen immer wieder neu anzubieten. «Kapitulieren Sie nicht zu früh! Es braucht eine gewisse Hartnäckigkeit, Speisen wiederholt und ohne Druck auszuüben neu anzubieten.» Studien zeigten, dass dieses Vorgehen funktioniert.