Gourmet

Hafer, Haggis, Haddock: Die eigenwillige Küche Schottlands

Ob er vom schottischen Fremdenverkehrsamt bezahlt wird? „Natürlich nicht“, sagt Bob Ross. „Niemand muss mich bestechen, damit ich ein Loblied auf die schottische Küche singe.“ Für ihn ist der Fall klar: Schottland bietet das beste Essen der Welt. Ross beginnt jeden Tag mit einer Portion Porridge, in Wasser und Salz gekocht, veredelt mit einem Tröpfchen Leinsamenöl, ohne Milch und Zucker. Das ist ein Energie-Booster für den in Kirkcaldy geborenen Musiker.

Ross nicht auf die Kost aus seiner Heimat verzichten – allen voran Haggis. Er räumt ein, dass das schottische Nationalgericht gewöhnungsbedürftig ist. Eleganz auf dem Teller dürfe man nicht erwarten, dafür einen einzigartigen Gaumenkitzel: Es ist eine Art herzhafter Pudding, wobei Fleisch, Haferflocken, Zwiebeln, Salz und Gewürze vermengt und traditionellerweise in einem Schafsmagen gekocht werden. Haggis hat eine weiche, krümelige Konsistenz, wird klassisch begleitet von „Neeps“ und „mashed Tatties“ – das heißt, es liegen Steckrüben und Kartoffeln auf dem Teller.

Auch Christian Mirus tischt Haggis auf. Der Berliner betreibt mit „Loch Ness“ einen schottischen Pub in Berlin-Steglitz und verwöhnt seine Gäste mit authentischer Pub-Küche. Burger, Fish’n Chips und schottische Fischsuppe gehören zu den absoluten Favoriten, die Exil-Schotten mit dem gleichen Appetit verspeisen wie einheimische Gäste aus der Nachbarschaft.

Seitdem Mirus 1993 mit einem Kumpel quer durch Schottland gefahren ist, stand für ihn fest, dass er einen Pub eröffnen wollte. Seine Begeisterung für Land und Leute ist bis heute ungebrochen – und erstreckt sich eben auch auf die eigenwillige Kochkunst des Landes. Er experimentiert mit den Rezepten, peppt traditionelle Gerichte ein wenig auf. „Schottische Küche ist für mich Hausmannskost in bestem Sinne. Aus dem, was Feld, Flur und Fluss zu bieten hatten, wurde dort seit jeher gut gekocht.“ Aber natürlich entwickele sich die Küche weiter und nehme viele Einflüsse auf.

So wird Haggis traditionell serviert: Neben dem herzhaften Pudding aus Fleisch kommen Steckrüben (Neeps) und Kartoffeln (Tatties) auf den Teller. Foto: Luigi di Pasquale/Visit Scotland/dpa-tmn

So wird Haggis traditionell serviert: Neben dem herzhaften Pudding aus Fleisch kommen Steckrüben (Neeps) und Kartoffeln (Tatties) auf den Teller. Foto: Luigi di Pasquale/Visit Scotland/dpa-tmn

Das heißt allerdings nicht, dass Klassiker der schottischen Küche wie deftige Eintöpfe oder Aufläufe vom Herd verschwinden: Aus den Borders, der Grenzregion zu England, stammt „Hotchpotch“, ein Eintopf aus Lammfleisch mit Gemüse. Benannt nach dem Herd, auf dem es zubereitet wird, ist „Stovies“ ein Kartoffelauflauf, der traditionell mit Lammfleisch zubereitet wird. Zum kräftigen, wärmenden Eintopf gibt es ein Glas eiskalte Buttermilch. „Und Fisch spielt natürlich eine große Rolle“, sagt Christian Mirus.

Ein Star über Schottlands Grenzen hinaus ist geräucherter Schellfisch. „Arbroath smokie“ schmeckt am besten, wenn er noch warm verzehrt wird. Benannt nach einem Fischerort an der Ostküste, ist es ein gesalzener und über Hartholz geräucherter Schellfisch mit intensivem Geschmack. Schellfisch gut paniert mit Pommes ist wiederum ein Pub-Klassiker – wer „Real Scottish Haddock“ bestellt, dürfte kaum eine Enttäuschung erleben. Vom Atlantik umspült, dazu frisches Bergwasser, üppig grüne Hügel, fruchtbare Erde und das wechselnde Wetter – das sind beste Voraussetzungen für gute Lebensmittel: Aberdeen Angus Rind, Stornoway Black Pudding, Arbroath Smokies, Meeresfrüchte aus Shetland und nicht zu vergessen Scones und Shortbread – es gibt eine Fülle von schottischen Spezialitäten, die unter europäischem Schutzstatus stehen. Das gilt auch für die qualitativ hochwertigen Käsesorten aus Schottland.

Traditionell hergestellt wird der Ayrshire Dunlop-Käse, ein schottischer Hartkäse, dessen Ursprünge ins 17. Jahrhundert zurückgehen. Für den Orkney Scottish Island Cheddar wird ausschließlich pasteurisierte Vollmilch von Rindern verwendet, die mindestens sechs Monate auf den Weiden der Orkneys leben und die restliche Zeit in Ställen auf den Inseln gehalten werden. Einzigartig ist seine weiche, samtige Konsistenz. Weitere Käse-Köstlichkeiten: Der Lanark blue aus der Borders-Region, der einem Gorgonzola ähnelt: Er ist cremig-weiß mit bläulichen Einsprengseln und wird aus Schafsmilch hergestellt. Den verheißungsvollen Namen „White Diamond“ trägt ein Frischkäse aus Galloway – zart, mild und fast unschlagbar zu Erdbeeren.

Unschlagbar als gesunder Start in den Tag hat sich die schottische Frühstücksspezialität Porridge erwiesen. Nicht nur Bob Ross schätzt ohne Milch gekochten Hafer. Anna Schubert und zwei weitere Mitstreiter bringen Haferbrei richtig nobel auf den Tisch. Im „Haferkater“, von dem es drei Ableger in Berlin und einen in Köln gibt, kann man das Frühstück zum Mitnehmen kaufen. „Wir flocken Bio-Hafer frisch mit unserer hauseigenen Getreidemühle, anschließend rösten und kochen wir ihn nur mit Wasser und Salz. Er ist dann cremig wie Milchreis und bereit dazu, mit herzhaften oder süßen Toppings verfeinert zu werden“, erklärt Schubert.  (dpa)

Titelfoto: Stornoway Black Pudding wird aus Schafs-, Rinder oder Schweineblut und Hafermehl hergestellt. Foto: Paul Tomkins/Visit Scotland/dpa-tm

 

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