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Flüssige Geldanlage? – Die Investition in Whisky ist etwas für Kenner

Whisky ist gut für Überraschungen: Je mehr man sich mit dem Getränk auseinandersetzt, desto spannendere Geschichten findet man – von verlorenen Destillen bis zu wiederentdeckten alten Beständen. Liebhaber werden früher oder später auch mal daran denken, eine Rarität zu erwerben. Statt sie zu trinken, kann es sich auszahlen, die Flasche aufzubewahren und auf Wertsteigerungen zu spekulieren. Allerdings müssen sich Käufer auskennen.

„Tatsächlich mag die Geldanlage in Alkohol sehr unkonventionell klingen“, sagt Stephan Witt von der Finum Private Finance AG. Doch kann sich eine Investition durchaus lohnen. „Besondere Voraussetzungen an den Anleger sind dabei kaum zu beachten, und schon mit vergleichsweise wenig Kapital lässt sich eine recht ansehnliche Rendite erzielen.“

Das sieht auch Marco Jansen von der Oberbanscheidt & Cie. Vermögensverwaltungsgesellschaft und Gesellschafter von Whisky Investments so. Trotz der jüngst gestiegenen Preisen bewertet er die Aussichten für die Anlageklasse weiterhin als gut. „Wachsende Nachfrage speziell aus Asien trifft auf eine begrenzte Angebotsmenge.“ Doch das Investment setzt viel Wissen voraus. Daher ist Whisky aus Sicht des Vermögensberaters Gunther Hemmann von der Isfinance AG  für Kleinanleger eher bedingt geeignet. „Denn es gibt vieles zu beachten.“

Das Wichtigste: Der Wert von Whisky steigt mit seinem Alter, jedoch ist es schwierig, alten Bestand zu finden. „Es gibt zwar viele der alten Brennereien noch, auch wenn 90 Prozent über die Jahre kaputt gegangen sind“, erklärt Horst Lüning, Marketing- und IT-Manager bei Whisky.de und Betreiber eines Videoblogs zu dem Getränk. Deren Flaschen sind allerdings längst in Sammlerhänden. Davon noch eine zu finden, eine Ferintosh (Ben Wyvis bis 1893) zum Beispiel, „so was ist nahezu unmöglich“.

„Die Story steigert die Preise.“

Wertvoll sind auch Tropfen von sogenannten „lost destilleries“, den verlorenen Brennereien wie etwa die 1983 geschlossene Port Ellen auf der schottischen Insel Islay. Von ihren Lagerbeständen werden seit Jahren limitierte Abfüllungen verkauft. Hemmann nennt Whiskys solcher Destillen „sicher eine gute Wertaufbewahrung für freie Liquidität“, preislich aber seien diese schon sehr weit oben.

In der Tat, hier gibt es die kühnsten Preissteigerungen – und die tollsten Geschichten. Die vielleicht spannendste stammt aus der Antarktis. Der Polarforscher Ernest Shackleton errichtete sich dort eine Basishütte für eine seiner Expeditionen. Mit dabei waren ein paar Flaschen Whisky, die jedoch 1909 genauso wie die Hütte aufgegeben wurden. 2007 fand man unter dieser zwei zurückgebliebene Kisten Mackinlay-Whisky. Zwar gehören sie nun zum Nationalerbe, aber es war möglich, Proben zu ziehen und darauf basierend einen Whisky nachzukreieren. „Diese Abfüllung war limitiert – das war eine hundertprozentige Nummer für Preissteigerungen“, sagt Lüning. „Die Story steigert die Preise.“
Ähnlich ging es mit Snow Phoenix von Glenfiddich, dessen Fässer nach Wochen in Eis und Schnee unter einem eingestürzten Lagerhaus geborgen wurden. „Ob er dadurch besser wurde, bleibt fraglich“, sagt Anlageberater Hemmann. „Die Verpackung und die Geschichte steigerten den Wert von 60 Euro auf mittlerweile über 700 Euro.“

Sammler können bei Whisky auf Wertsteigerungen hoffen. Geht das nicht auf, können sie den Whisky am Ende immer noch trinken. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Sammler können bei Whisky auf Wertsteigerungen hoffen. Geht das nicht auf, können sie den Whisky am Ende immer noch trinken. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Besondere Tropfen sind auch Erstabfüllungen einer Brennblase. „Das ist der erste Whisky, der aus der Brennblase in ein Fass lief. So wie der erste VW Golf, der vom Band lief“, erklärt Lüning. Sie werden von den Brennereien mittlerweile schon versteigert, so beliebt seien diese. Daran kommt gerade Einsteiger ohne gute Kontakte in die Szene also kaum ran. Es kann sich laut Lüning daher lohnen, nach jüngeren Abfüllungen zu schauen. Sie sind noch verhältnismäßig günstig, also erschwinglich mit Preisen ab 70 Euro.

Destillen, die in der Vergangenheit hervorragende Whisky produziert haben, die auch gern konsumiert wurden, werden auch zukünftig eher funktionieren, schätzt Anlageberater Hemmann. Aber: Gute Investitionen hängen nicht allein von dem Namen ab, sondern von Abfüllungen. Ein solcher Whisky weist zum Beispiel eine Limitierung auf, es war also ein Fass oder eine kleine Menge von Fässern – die small batches, erklärt Lüning.

Vor allem Jahresflaschen können sich lohnen, also Abfüllungen zu besonderen Anlässen wie einem Jubiläum oder der Verabschiedung eines Blendmasters. Oder Sonderabfüllungen. Als Beispiel dafür nennt Lüning die Destille Glenmorangie. Ihre Kaufpreise liegen zwischen 80 und 120 Euro, im zweiten Jahr aber kann man schon mit 20-, 30-prozentigen Steigerungen rechnen.  „Aber die Brennereien geben relativ wenig von den Flaschen raus, so dass die rund um den Globus reißende Abnehmer finden“, erklärt Lüning. „Wenn Sie in ein Geschäft gehen und sagen, ich hätte gerne sechs Flaschen davon, sagt Ihnen der Verkäufer: ich auch. Wenn man eine dieser Flaschen ergattert hat, hatte man richtig Glück.“ Erst recht aber, wenn man an mehrere davon kommt: „Wenn man sechs, acht Flaschen in Serie hat, dann vervielfachen sich die Werte. Denn jemand, der später einsteigt, könnte sie von Ihnen gleich im Block kaufen“, ergänzt der Branchenkenner.

Also gibt es kaum Chancen für neue Anleger? Doch, denn Sammler verkaufen immer mal wieder, etwa in Fachgeschäften oder auf Auktionsplattformen. Fachmessen der Destillen sind ein Tipp von Hemmann. Lüning rät zur Suche nach neuen Destillen. Denn es tauchen derzeit viele kleine neue Brennereien auf. „Und da ergibt sich immer wieder die Chance, von diesen Erstabfüllungen etwas zu kaufen.“ In Schottland habe es viele Jahre lang nur 80 produzierende Brennereien gegeben. „Aber allein in den letzten zwei, drei Jahren sind zwei Dutzend neue hinzugekommen.“

Doch auch erste Folgeabfüllungen können sich auszahlen. „Aber man wird das Risiko haben, dass von diesen Brennereien nur die Hälfte überleben wird“, so Lüning. Doch selbst dann: „Wenn die Brennerei zumindest mal ein paar Jahre lief, dann kommt ja nichts mehr nach. Auch dann hat man eine Chance.“  Und wenn man doch ausgerechnet zu der Hälfte der Fehlinvestitionen gegriffen hat, ist es auch nur halb so schlimm. „Das Schöne am Whisky-Sammeln ist ja, die Hälfte dürfen Sie genießen.“  (dpa/Foto: Christoph Schmidt/dpa-tmn)

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