Hätte die Teigtasche einen Reisepass, wäre er wohl voll mit Stempeln. Denn das Gericht gibt es in vielen Ländern der Welt, in etlichen Varianten. Mal sind sie vegetarisch gefüllt, mal mit Fleisch, mal werden sie auf zerlassener Butter serviert, mal mit Soße. „Man kann die Teigtaschen kochen, dämpfen, braten oder frittieren. Für den Teig eignet sich jedes Getreide, meistens aber verwendet man Weizenmehl“, sagt Nicole Schmidt. Die Journalistin hat ein Buch über die internationale Speise geschrieben.
Schmidt kennt sich auch mit den Legenden die sich um das Lebensmittel ranken: In Italien heißt es, die Göttin Venus sei in einer Pension abgestiegen, und der Wirt habe sie durchs Schlüsselloch beobachtet. Nach ihrem Nabel soll er dann die Tortellini geformt haben. Die Maultaschen mit Fleisch sollen entstanden sein, weil die Zarentochter Katharina 1816 ihren Cousin heiratete, zu ihm nach Stuttgart zog und die russischen Pelmeni mit Hackfleischfüllung so nach Schwaben brachte.
Ob mit oder ohne Fleisch – eine innige Liebe zu Teigtasche pflegen auch die beiden Food-Bloggerinnen Patricia Pfeiffer und Alwina Neumann. „Wir lieben die Inspiration aus allen Ecken der Welt“, sagt Patricia. Und Alwina ergänzt: „Warenki aus der Ukraine, Baozi aus China oder Piirakka aus Finnland – es ist einfach phantastisch, fremde Länder kulinarisch zu erforschen.“ Allerdings ist eine gewisse Fingerfertigkeit gefordert, um den Teig in Taschenform zu bringen, so dass die Füllung nicht herausquillt. „Da heißt es nur üben, üben, üben – dann stellt sich der Erfolg ein“, ermuntert Brigitte Kaufmann, die in ihrem Restaurant in Villach die Kärntner Spezialität „Kasnudel“ auf die Teller bringt. Doch nicht nur Österreich hat ein eigenes Rezept für die Teigtasche hervorgebracht:
Dim Sum: Der Oberbegriff Dim Sum bezeichnet gedämpfte kleine Teigtäschchen in runder oder halbmondartiger Form. Sie kommen ursprünglich aus der kantonesischen Küche Chinas. Für die Füllung der winzigen Teigflecken aus Reis- oder Weizenmehl ist alles erlaubt: Schweinefleisch, Bambus, Frühlingszwiebeln, Koriander, Garnelen. „In Hongkong werden Dim Sum in höchster Vollendung und Vielfalt hergestellt. Wir haben diese Teigtäschchen vormittags in traditionellen Teehäusern gegessen“, erzählt Nicole Schmidt. Traditionell werden Dim Sum dort in der ersten Tageshälfte verzehrt.
Empanada: In Südamerika und Spanien stellt man traditionell einen Teig aus Weizenmehl, Butter und Eiern her, der in Förmchen gebacken wird. In Venezuela oder Kolumbien wird auch Maismehl verwendet. Die Bezeichnung Empanada leitet sich ab vom spanischen Wort für Brot „pan“, es bedeutet so viel wie „eingebrotet“. Hack- oder Hähnchenfleisch, Gemüse oder Meeresfrüchte gehören zu den pikanten Füllungen. In jedem Land gibt es spezielle Vorlieben und Varianten.
Gyoza: Gyoza sind die japanische Variante von kleinen halbmondförmigen Teigtaschen, die ursprünglich aus China stammen. Die Täschchen aus hauchdünnem Teig werden erst gebraten, dann gedämpft. „Der Teig wird zu kleinen Kugeln geformt, die man mit einem normalen Glas dünn ausrollen kann. Die Füllung besteht in der Regel aus Gemüse, Hackfleisch oder Garnelen“, sagt Alwina Neumann, die selbst ein Rezept mit Shiitakepilzen favorisiert. Und sie hat noch einen Tipp: „Wenn man die Teigränder dünn mit Eigelb bepinselt und sich ein bisschen in der besonderen Falttechnik übt, klappt das Verschließen. Man schiebt den Teig mit Daumen und Zeigefinger dreimal zu S-förmigen Falten zusammen.“
Kärntner Nudeln: Die Kärntner Nudel oder auch „Kasnudel“ wird gekrendelt, das ist eine kunstvolle Falttechnik. „Die Hülle ist ein normaler Nudelteig und die Fülle variiert von Tal zu Tal“, erklärt Brigitte Kaufmann. „Wir füllen die etwa faustgroßen Teigtaschen mit Zwiebeln, Bröseltopfen (grober Quark) und gekochten Kartoffeln.“ Serviert werden die Nudeln mit brauner Butter und frisch geschnittenem Schnittlauch.
Manti: Klein, aber oho. Türkische Manti werden bei festlichen Anlässen serviert. Der Teig wird mit einem schmalen türkischen Nudelholz hauchdünn ausgewellt, in kleine Quadrate geschnitten, mit Füllung belegt und zu winzigen Täschchen geformt. Größer als ein Daumennagel sollten sie nicht sein.
Maultaschen: Ursprünglich kommen sie aus Schwaben. Rechteckige, meist mit Fleisch gefüllte Teigtaschen, die in einer Fleischbrühe gegessen werden. Man kann sie auch „schmelzen“, das heißt mit Zwiebeln in Butter anbraten.
Pelmeni: Heiße Butter, saure Sahne oder Schmand sind die klassischen Begleiter von Pelmeni. In Russland gart man die mit Hackfleisch gefüllte Teigtasche in Wasser oder Brühe. „Man kann sie auch mit saurer Sahne überbacken“, verrät Schmidt.
Pierogi: Sie können rund, eckig oder halbmondförmig sein und werden vorwiegend in Osteuropa verspeist. Die Füllung kann süß oder pikant ausfallen – mit Fleisch, Käse, Quark, Kartoffeln, Leber, Weißkohl oder Sauerkraut, im Sommer auch mit frischen Früchten.
Ravioli: Sie sind ein italienischer Klassiker. Der Teig ist aus Eiernudeln, die Täschchen werden quadratisch oder rechteckig, kreisrund oder auch dreieckig gefaltet. Innereien, Mangold, Fisch, Esskastanien oder Kürbis – bei der Füllung ist fast alles möglich.
Samosas: In Indien und Pakistan kommt Spinat, Reis, Fleisch vom Lamm oder Huhn manchmal begleitet von Nüssen oder Kokos in die Tasche. Frittiert und begleitet werden sie von einer scharfen Chilischote oder würzigen Chutneys.
Schlutzkrapfen: Klassisches Gericht der bäuerlichen Regionalküche Südtirols mit Kalb- oder Rindfleisch. Sie sind mit Kartoffeln, Käse oder Roter Bete gefüllt. Brigitte Kaufmann empfiehlt eine Füllung mit Tiroler Graukäse und Spinat. (dpa/Titelfoto:Patricia Pfeiffer&Alwina Neumann/Pfannenliebling/dpa-tmn )
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