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Die Magie von Hermann und Co.: Diese Teige müssen Sie füttern

Brot selbst zu backen, liegt im Trend. Wer schon einmal ein krosses, herrlich duftendes Brot aus dem Ofen geholt hat, versteht warum. Besonders beliebt sind Sauerteigbrote – und das, obwohl die Herstellung seine Tücken hat.

Die Herausforderung anzunehmen, zahlt sich aber aus: Sauerteig eignet sich sehr gut für leckere und verträgliche Brote. Länger haltbar als ungesäuertes Brot ist es ebenfalls.

Ein großer Fan von Sauerteig ist Lutz Geißler, Bestsellerautor zahlreicher Bücher übers Brotbacken. Wenn er nur noch ein Brot backen dürfte, so erzählt er, dann wäre es ein Brot aus Roggensauerteig. Auch Einsteigern empfiehlt er Roggen. «Er nimmt einem nicht so viel übel.»

Die richtige Temperatur macht’s

Wer selbst einen Sauerteig ansetzen möchte, geht so vor: 50 g Roggenvollkornmehl und 50 bis 60 ml warmes Wasser in einem Glas verrühren und für 24 Stunden bei 28 bis 30 Grad ruhen lassen. Die passende Temperatur ist wichtig für die optimale Reife. Geißlers Tipp: Das Glas auf den Kühl- oder Gefrierschrank stellen und die Abwärme nutzen oder es in eine warme Decke wickeln.

Nach 24 Stunden wird der Ansatz mit 50 g Roggenvollkornmehl und 50 bis 60 ml warmem Wasser vermischt und so lange stehen gelassen bis sich Bläschen bilden und sich das Volumen verdoppelt hat.

«Das ist jetzt ein heikler Punkt. Man füttert so oft oben drauf – also 50 g Mehl und 50 ml Wasser und ruhen lassen – bis sich eine deutliche Säure im Geruch abzeichnet», so Geißler. Dranbleiben zahlt sich aus. «Wer zu früh aufgibt, hat eigentlich sein Sauerteigglück aufgegeben», sagt Geißler. «Da muss man einfach hartnäckig sein und warten bis es irgendwann anfängt zu blubbern. Das dauert auch tatsächlich mal zwei oder drei Tage.»

Die Magie im Sauerteig: die Mikroorganismen

Nichts blubbert und der Ansatz stinkt unangenehm? Völlig normal, da sich anfangs sämtliche Mikroorganismen aus der Umgebung im Ansatz vermehren. Mit der Zeit setzen sich jedoch die gewünschten Mikroorganismen durch und der Geruch verändert sich hin zu fruchtig-säuerlich. Der säuerliche Duft ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Sauerteigansatz gelingt.

Ofenfrisches Brot braucht nichts mehr als Butter und Schnittlauch oder Tomaten. Foto: Bernd Diekjobst/dpa-tmn

Riecht der Ansatz säuerlich, wird im nächsten Schritt nur noch mit einem kleinen Teil davon weitergearbeitet. In einem neuen Glas 50 g Roggenvollkornmehl, 50 ml Wasser und 10 g des Ansatzes vermischen und ruhen lassen bis sich das Volumen verdoppelt hat.

Das Ganze muss so lange wiederholt werden, bis der Ansatz angenehm säuerlich duftet. Wer bis hier hin durchgehalten hat, darf sich auf die Schulter klopfen. Das Warten hat sich ausgezahlt. Der Ansatz, auch Anstellgut genannt, ist bereit und es kann gebacken werden.

Steht das fertige Brot auf dem Tisch, passt für den Tiroler Marian Moschen, Foodblogger und Autor von Backbüchern, «jede Marmelade, Butter und alles was mit Bretteljause zu tun hat», hervorragend dazu. Zu einer alpenländischen Bretteljause gehören Hartwürste, Speck, Schinken, Bergkäse, Essiggurken und Meerrettich. Wer es warm mag, kann das Brot mit Lauch und Speck überbacken. Als Beilage ergänzt Roggenbrot Suppen und Eintöpfe. Es sättigt, und die milde Säure kitzelt feinste Aromen in der Hauptspeise hervor.

Einfach und lecker: der süße Hermann

Anders als es der Name vermuten lässt, gibt es Sauerteige auch mit süßem Geschmack. Als Hermann geistert so ein süßer Sauerteig immer wieder durch die Küchen. Und das zurecht, findet Moschen, denn «Hermann bringt wahnsinnig viel Aroma und Geschmack.» Darüber hinaus wird der Kuchen «unvergleichlich saftig und bleibt lange frisch.» Im Gegensatz zum klassischen Sauerteig wird Hermann mit Hefe angesetzt, eine nahezu 100-prozentige Garantie fürs Gelingen.

Traditionell bekommt man Hermann von Freunden geschenkt, füttert ihn zehn Tage, teilt ihn, backt mit einem Teil und verschenkt den Rest weiter. Natürlich kann man einen Hermannteig auch selbst ansetzen: 100 g Weizenmehl, 1 EL Zucker, 1/2 Päckchen Trockenhefe und 200 ml Wasser in einer Schüssel aus Plastik, Glas oder Keramik zu einem glatten Teig verrühren. Die Schüssel zugedeckt bei Zimmertemperatur zwei Tage stehen lassen und gelegentlich umrühren.

Ab jetzt wird wie mit einem geschenkten Hermann weitergemacht. Zuerst ruht der Teig einen Tag. An den nächsten zwei bis vier Tagen täglich umrühren, bis die entstandene Flüssigkeit untergerührt ist. Moschen empfiehlt, den Hermann die ersten Tage bei Zimmertemperatur aufzubewahren. Mikroorganismen mögen die Wärme und arbeiten im Warmen besser.

Am fünften Tag wird mit 100 g Weizenmehl, 150 g Zucker und 200 ml Milch gefüttert und der Ansatz wandert in den Kühlschrank. Vom sechsten bis neunten Tag täglich kräftig umrühren.

Geduld wird mit Geschmack belohnt

Am zehnten Tag zunächst wie am fünften Tag füttern und anschließend in vier Portionen teilen. Aus jeder Portion kann ein Kuchen gebacken werden. Wer keine vier Kuchen backen möchte, darf den Hermann jetzt verschenken oder einfrieren. Das Einfrieren und spätere Auftauen – bitte langsam und bei Zimmertemperatur – verträgt der Hermannteig problemlos, so Moschen.

Grundsätzlich bietet sich der Hermann für jede Art von Kuchen an. Ob Rührkuchen, Torten mit Füllung oder Biskuit, überall spielt Hermann seine geschmacklichen Stärken aus. Spezielle Rezepte finden sich in Büchern, in Internetforen oder auch auf Moschens Blog. Er hat dazu noch einen Tipp: Auf keinen Fall das Mehl zu lange unterrühren. Der Kuchen kann sonst zäh wie Gummi werden. Besser Mehl und Backpulver im letzten Schritt nur kurz unterrühren.

Ist der Teig fertig, heißt es Langwirken: Dabei werden die Enden des Teiges immer wieder umgeschlagen. So bekommt die Oberfläche Elastizität und das Brot wird geformt. Foto: Bernd Diekjobst/dpa-tmn

Rezept für einfaches Roggensauerteigbrot

Backbuchautor Lutz Geißler hat ein einfaches Rezept, um aus dem angesetzten Sauerteig ein einfaches Roggensauerteigbrot zu backen. Und so geht’s:

Zutaten für den Vorteig:

270 g Roggenvollkornmehl, 300 g Wasser (50 Grad), 6 g Salz, 60 g Anstellgut/Starter/alter Sauerteig

Zubereitung:

1. Geißlers Trick: das heiße Wasser in eine Schüssel geben und das Salz darin auflösen. Auf das Wasser das Mehl und das Anstellgut geben. Vorsichtig verrühren. Wichtig: nie den Sauerteigansatz direkt ins heiße Wasser geben, sondern immer aufs schwimmende Mehl.

2. Den Vorteig für 12 Stunden bei Zimmertemperatur reifen lassen. In dieser Zeit sollte er sich verdoppeln und angenehm sauer riechen. Dabei den Teig im Auge behalten: Die Reife kann auch kürzer oder länger dauern.

Zutaten für den Hauptteig:

gesamter Vorteig-Sauerteig, 300 g Roggenvollkornmehl, 160 g Wasser, (100 Grad), 24 g Honig, 7 g Salz

Zubereitung:

1. Wie beim Vorteig zunächst das Salz im Wasser auflösen.

2. Dann Mehl, Sauerteig und Honig aufs Wasser geben und zu einem glatten Teig vermischen und etwa 30 Minuten ruhen lassen. Er sollte kaum aufgehen.

3. Auf einer bemehlten Arbeitsfläche den Teig vorsichtig formen – dabei den Teig von hinten unten nach oben zur Mitte heben und leicht andrücken. Den Teig ein Stück drehen, wieder von unten heben und andrücken, bis er rund ist.

4. Den Teigling in einen bemehlten Gärkorb oder in eine mit einem bemehlten Geschirrtuch ausgelegte Schale setzen. Der Teigling ruht 45-60 Minuten und nimmt ein letztes Mal an Volumen zu.

5. Backofen mit Backblech auf 250 Grad Unter-Oberhitze vorheizen.

6. Den Teigling auf das heiße Blech bringen und die Temperatur auf 210 Grad reduzieren. Im unteren Drittel des Ofens wird das Brot für 60 Minuten gebacken.

7. Jetzt kommt der vielleicht schwierigste Teil: Das herrlich duftende Roggenbrot sollte über Nacht auskühlen, bevor es angeschnitten wird. (dpa/Foto: Bernd Diekjobst/dpa-tmn)

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