Gourmet Tipps & Tricks

Der feine Unterschied: Welcher Balsamico zu welcher Speise passt

Eine Flasche Balsamico steht wohl in den meisten Küchen. Manche nutzen den kräftigen Essig mit der Traubenmostnote nur zum Anmischen ihrer Salatdressings. Andere geben ihn auch als Aromakick tropfenweise auf Fleisch, Fisch, Käse oder Obst. Die Bandbreite an Produkten ist jedenfalls groß: von der einfachen Variante aus dem Discounter bis zum teuren Balsamico Tradizionale aus Italien. Welcher taugt für was?

Ein Credo der Experten lautet: Je süßer, desto besser. Als Wegweiser für gute Qualität auch im einfachen Segment rät der Kochbuchautor Martin Kintrup: «Achten Sie darauf, dass bei den Zutaten an erster Stelle Traubenmost oder Traubenmostkonzentrat steht und erst an zweiter Stelle Weinessig.» So komme der industriell hergestellte Essig den lang gereiften Spezialitäten noch am nächsten.

Der Zuckergehalt zählt

Auch die Stiftung Warentest war bei ihrem aktuellen Balsamico-Test auf der Suche nach ausgeklügelter Süße. «Ich würde mich beim Einkauf für das Produkt mit dem höchsten Zuckergehalt entscheiden», rät Warentesterin Nicole Merbach. Das bedeutet: einen höheren Anteil an Traubenmost. Diese Balsamici sind meist körperreich, aromatisch, mit ausgewogener Säure und Süße, lange gelagert und zähflüssig.

Feinkosthändler Uwe Tippmann kennt sich bestens mit den unterschiedlichen Qualitäten aus. Er handelt mit traditionell hergestellten Aceti Balsamici aus den benachbarten italienischen Regionen Modena und Reggio Emilia.

Ein Dressing muss nicht komplett mit Balsamico angerührt werden. Manchmal reicht ein Tropfen schon aus, der neben einem anderen Essig zum Verfeinern dazugegeben wird. Foto: Monika Schürle und Maria Grossmann/Gräfe und Unzer Verlag/dpa-tmn

Balsamico ist als Begriff nicht geschützt

Gut zu wissen: «Die Begriffe Aceto und Balsamico sind rechtlich nicht geschützt», sagt der Experte. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von Ende 2019 ist Balsamico der Gattungsbegriff für einen Essig mit süßsaurem Geschmack – und muss nicht aus Italien stammen. Er könne also etwa auch in Deutschland produziert werden.

Bei der Suche nach Qualität gilt es, einiges zu unterschieden. Was in Deutschland als heller Balsamico verkauft wird, nennen die Italiener Condimento, übersetzt Würze. «Das ist ein reines Industrieprodukt. Es ist hell, weil es kein Fass gesehen hat», erklärt Tippmann. Es kommt hiesigem Weinessig nahe, wird jedoch mit Traubenmostkonzentrat versüßt.

Und es gibt noch weitere begriffliche Stolperfallen. «Unter Balsamessig läuft alles, was braun ist und nicht den Regularien des Tradizionale di Modena entspricht. Es kann alles sein, was optisch braun ist und Säure enthält», erläutert Tippmann.

Auch Mischungen mit anderen Früchten wie Apfel, Granatapfel oder Himbeere werden als Balsamico verkauft. «Es gibt zum Teil spannende Kreationen», so der Händler.

Der geschützte Balsamico

Erst der Aceto Balsamico di Modena IGP (Indicazione Geografica Protetta, also geschützte geografische Angabe) hat Vorgaben zu erfüllen. Das Mischerzeugnis aus Traubenmost und Weinessig trägt das entsprechende blau-gelbe EU-Siegel und muss unter anderem mindestens 20 Prozent Traubenmost enthalten. «Definiert sind nur die Mindestanforderungen», kritisiert Tippmann. Nur einer der drei Produktionsschritte muss in den italienischen Regionen Modena oder Reggio Emilia stattfinden: die Ernte der vorgeschriebenen Traubensorten, die Gärung oder die Abfüllung.

Zum Nachfärben darf Zuckerkulör, ein synthetischer Farbstoff, zugesetzt werden. Andere Zusatzstoffe sind verboten. «Es geht auch ohne Farbstoff, nur ist dieser Balsamico dann nicht der ganz Günstige», erläutert Tippmann.

Am besten mehr als eine Sorte im Haus haben

Nicole Merbach empfiehlt, mehrere Balsamici zu Hause zu haben: «Die einfache Variante ist ausreichend für eine Vinaigrette. Diese Essige sind dann eher sauer.» Wer aber wie in Italien den Balsamico für Antipasti, Fleischgerichte, Eierspeisen oder Desserts verwenden will, für den lohnt sich auch eine bessere Variante mit einem hohen Zuckergehalt.

Ein paar Tropfen vom kräftigen Essig mit der Traubenmostnote geben Tomaten mit Mozzarella einen Aromakick. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Für Kochbuchautorin Inga Pfannebecker passt der aromatische Essig prima zu kräftigen Salatsorten wie Rucola oder Feldsalat: Feinere Blättchen haben es dagegen schwer, «nicht vom Aroma des Balsamicos erschlagen zu werden».

Auch für sättigende Salate mit Rind oder Huhn nimmt sie ein Balsamico-Dressing. Mangold, Babyspinat und Ofengemüse harmonierten ebenfalls damit. «Man muss ein Dressing auch nicht komplett mit Balsamico anrühren», so die Autorin. Man könne neben einem anderen Essig einfach einen Tropfen Balsamico zum Verfeinern dazugeben, empfiehlt sie.

Ziegenkäse, Erdbeeren, Kakao – und Balsamico

Martin Kintrup schwärmt von den Geschmacksexplosionen bei seinem Erdbeer-Ziegenkäse-Carpaccio mit Balsamico-Kakao-Sirup. Dafür kocht er Balsamico, Zucker und eine Prise Salz bei mittlerer Hitze leicht dicklich ein, rührt danach das Kakaopulver unter, lässt alles kurz weiterköcheln und schließlich abkühlen, bis es lauwarm ist.

Mit dem Sirup beträufelt er die Käsescheiben. Dann verteilt er fein geschnittene Zwiebeln, Erdbeerscheiben, Melisse und Kürbiskerne darauf und würzt mit grobem Pfeffer und Salz. Dazu wird Röstbrot serviert.

Exzellente Qualität hat ihren Preis

Guter Balsamico muss nicht teuer sein, aber exzellenter Geschmack hat seinen Preis – wie Balsamico Tradizionale aus Modena oder Reggio Emilia. «Vom Rohstoff bis zur Abfüllung kommt alles aus der Region und unterliegt ständigen Kontrollen», erklärt Fachhändler Uwe Tippmann. Die in speziellen Flakons – tropfenförmige kommen typischerweise aus Modena und tulpenförmige aus Reggio Emilia – abgefüllte Essenz aus eingedicktem Traubenmost ist mindestens zwölf Jahre gereift. Die Produktionsmenge ist verschwindend gering.

Tippmann wünscht sich, dass Verbraucher mal einen echten Tradizionale probieren: «Damit man mal den Unterschied geschmeckt hat von einem puren Traubenmostprodukt und einem, das mit Weinessig versetzt ist.» Weinessig erhöhe die aggressive Säure. Die dezente Säure des Traubenmostvariante kratze hingegen nicht und sei perfekt eingebunden.

Buchautor Martin Kintrup nutzt die besseren Qualitätsstufen aufgrund der feinen Aromen und der höheren Preise nur sparsam. Ein Teelöffel pro Person reiche, um Caprese aus Tomate, Mozzarella und Basilikum oder Erdbeeren ein unvergleichliches Aroma zu geben. (dpa/Foto: Anke Schütz/Gräfe und Unzer Verlag/dpa-tmn)

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