Der dritte Stern für das Restaurant „Zilte“ in Antwerpen überschattete in der vergangenen Woche die nationale Berichterstattung über den neuen Guide Michelin. Zu den 137 aufgeführten Sternerestaurants gehören auch die St.Vither Top-Adressen „Zur Post“ und „Quadras“, was weder in dem einen noch in dem anderen Fall eine Überraschung ist. Und was tat sich in Ostbelgien? Wir blickten in den „roten Führer“ und hörten uns um.
Zu den Gewinnern gehört zweifelsohne David Grosdent (Foto oben). Der gebürtige Herbesthaler ist einer von zehn Köchen, dessen Kochjacke zum ersten Mal ein Michelin-Stern schmückt. Schon bei der Veröffentlichung des Gault&Millau-Führers hatte der 34-Jährige für Furore gesorgt, als er zum besten Jung-Koch von Flandern ausgezeichnet wurde. „Ich bin sehr zufrieden. Von diesem Stern träume ich, seit ich 15 Jahre alt bin. In den letzten Jahren haben wir ihn natürlich immer ein wenig mehr erwartet“, erzählt der Küchenchef, der mit seiner Partnerin das Restaurant „L’Envie“ im Dorf Sint-Denijs in der Gemeinde Zwevegem führt.
Technisches Können verbunden mit dem eigenen Stil.
Die aktuelle Zwangspause nutzt er zu Umbauarbeiten, da er das benachbarte Haus erworben hat. An seiner Küche werde der Stern aber nichts ändern: „Wir werden unserer Philosophie treu bleiben. Am wichtigsten ist, dass die Kunden zufrieden sind und das Restaurant läuft. Ein Stern ist vor allem der Lohn für geleistete Arbeit“, so Grosdent.
Und was schreibt der Michelin zu seiner Küche: „Die Nuancen seiner Kreativität sind fesselnd. (…) Chefkoch Grosdent verbindet diese traditionelle Kraft mit feinen zeitgenössischen Ideen. Er mag es, ein Produkt in verschiedenen Formen zu verwenden, wie zum Beispiel Tomaten aus dem eigenen Garten auf verschiedene Arten zu verarbeiten. Dieser Koch verbindet technisches Können mit seinem eigenen Stil, und das macht nur Lust auf mehr.“
Die Resonanz nach der Bekanntgabe am Montag war riesengroß: „Über fünf Stunden hat mein Telefon nicht stillgestanden. Auch ehemalige Chefs habe sich gemeldet und mir gratuliert.“ Wann es für die Gastronomie weitergeht, steht in den Sternen. Gibt der Konzertierungsausschuss für Anfang März grünes Licht oder muss sich die Branche bis Ostern gedulden? „Das Take-away-Geschäft ist nicht unser eigentlicher Job und das Einkommen geringer. Daher ist es wichtig, dass es bald losgeht, selbst wenn es beispielsweise nur mit dem Mittagstisch ist. Dann kann man aber beobachten, wie sich das Ganze entwickelt“, erläutert David Grosdent dem GrenzEcho, als er am Wochenende Vier-Gang-Menüs für seine Kundschaft vorbereitete.
Eric Pankert
Nur punktuell hat Eric Pankert mit seinem Restaurant „Zur Post“ im Mitnahmegeschäft mitgemischt. „Das ist nicht mein Ding. Ich bevorzuge die übliche Arbeit und den direkten Service am Kunden. Wir müssen ruhig bleiben, nicht jammern und den Ball flach halten“, umschreibt er seine Maxime, als wir ihn bei der Inventur in seinem Weinkeller erreichten. Für diesen findet er in der neuen Ausgabe für Belgien und Luxemburg explizit Erwähnung. Ansonsten schreibt der Guide Michelin: „Seit drei Generationen ist die Familie Pankert in diesem renommierten Restaurant tätig, das seit 1977 immer mindestens einen Michelin-Stern hat. Zur Post demonstriert seine Klasse mit professionellem Service und modernem Komfort. Nichts wird dem Zufall überlassen. Eric Pankert ist an der Basis des Konzepts. Sein klassischer Hintergrund ist in seiner Küche deutlich, aber er arbeitet auch gerne in einer moderneren Form. Chefkoch Pankert kommt nie zur Ruhe. Er kann ein lokales Produkt, wie zum Beispiel Forelle mit einem asiatischen Salat kombinieren, um ein subtiles Gegengewicht zu schaffen.“
Insgeheim hofft der 52-Jährige, dass es Anfang März wieder losgeht. „Alles, was darüber hinaus geht, ist über das Ziel hinausgeschossen. Natürlich gibt es einige schwarze Schafe in der Branche und ich finde es skandalös, dass sie sich nicht anpassen.“ Dass das „Zilte“ Kandidat für den dritten Stern war, habe er nicht auf dem Schirm gehabt. „Ich bin sehr froh, dass es in Belgien ein zweites Restaurant mit drei Sternen gibt, doch hatte ich es nach meinem letzten Besuch dort 2019 nicht unbedingt so hoch auf der Rechnung, selbst wenn es sehr gut war“, meint der St.Vither, der in seiner Freizeit gerne schaut, was die Spitzenküche in Belgien so abliefert.
Ricarda Grommes und Kevin Ohles
Ganz anders hat es seine St.Vither Nachbarin Ricarda Grommes gehalten, die mit „Rixx to go“ ein eigenes Take-away-Konzept entwickelte. Ob sie dieses nach Öffnung des Restaurants weiterführen wird, ist noch nicht endgültig entschieden. „Wir wussten nicht, ob das Konzept angenommen wird und sind überrascht, wie gut es gelaufen ist, doch sehnen wir uns eigentlich die Normalität herbei, in der wir unsere Menüs mit unserem Service in unseren Räumen anbieten können“, gesteht die Köchin, die auch bei den Inspektoren hoch angesehen ist: „Ricarda Grommes ist ein aufgehender Stern in der belgischen Gastronomie. (…) Der Teller spiegelt ihre Persönlichkeit wider. Es zeigt, wie subtil die moderne Küche sein kann. Ihre Kreativität ist von dem Moment an sichtbar, in dem sie es auf den Tisch legt. Sie schwingt mit Leichtigkeit zwischen französischer Tradition und orientalischer Präzision und bietet Ihnen ein Repertoire, das von regionalen Produkten bis zu exotischen Spezialitäten reicht. Eine subtile Mischung, die perfekt harmoniert, für eine Küche, die feminine Eleganz ausstrahlt. Das wunderschön gestaltete Interieur sorgt für ein zusätzliches Gütesiegel, ganz zu schweigen von dem aufmerksamen Service von Kevin Ohles, dem Ehemann der Küchenchefin.“
Vor allem zwischen den Lockdowns im Sommer war der Zulauf im „Quadras“ riesig: „Das hat mich an die Zeit erinnert, als wir gerade den Stern erhalten haben. Das war schon sehr motivierend. Wir sind sehr froh mit diesem Stern, der belegt, dass wir auch in dieser schwierigen Zeit das Niveau gehalten haben.“
Ein Sternanwärter in Ostbelgien ist das Eupener „Antoine“. Doch in diesem Jahr klappte es noch nicht. „Die Erwartung war unsererseits nicht da, auch wenn das Jahr für alle normal verlaufen wäre. Wir sehen uns noch nicht da und sind dabei, uns personell neu aufzustellen“, berichtet Mirko Radermeker, der vor allem im Service Verstärkung sucht und Kontinuität ins Team bringen möchte: „Wir suchen jemanden, der sofort Verantwortung übernehmen kann und gleichzeitig Input von außen einbringt, doch ist es alles andere als einfach, diese Person zu finden.“ Die Inspektoren halten fest: „Lisas ehemaliges Elternhaus hat seine ganze Gemütlichkeit behalten. Heute ist es ein großartiges Restaurant. (…) Mirko kocht regionale Produkte mit einer persönlichen Note, der es nicht an Kühnheit mangelt und die auf modernen Techniken basiert. Ebenso überraschend wie schmackhaft.“
Lisa Klinkenberg und Mirko Radermeker
Ganz klar ist bei den „Antoines“, dass es selbst nach Wiedereröffnung mit dem beliebten Außer-Haus-Angebot weitergeht. „Wir werden aber von unserem TischVoll-Konzept abweichen und ein klassisches Vier-Gang-Menü anbieten“, so der Küchenchef. Dieses wolle man auf Tellern anrichten und so den Verpackungsmüll deutlich reduzieren. Durch das professionelle Anrichten der Speisen soll in den eigenen vier Wänden noch eher ein Restaurantgefühl entstehen. Im Mittelpunkt des Wirkens bleibt aber das Restaurant im Eupener Stendrich: „Wir sind froh, wenn die Türen wieder aufgehen. Wir gehen von Ostern aus, hoffen aber auf den März.“
Noch kein Stern für das „Aurum“ von Gary Kirchens
Gary Kirchens
Den Stern verloren hat „La Menuiserie“ in Champagne, was nach dem Weggang von Thomas Troupin und dem damit verbundenen Konzeptwechsel nicht überraschend kam. Troupin steht mit seinem medial stark thematisierten Projekt „Toma“ in Lüttich in den Startlöchern. Keine Berücksichtigung mehr findet in der neuen Ausgabe das „Au cheval blanc“ aus Weismes. Ansonsten gilt die Devise: „Im Osten nichts Neues.“
Warten auf einen Stern an neuer Wirkungsstätte muss Gary Kirchens mit seinem „Aurum“ im Kasteel van Ordingen. „Küchenchef Kirchens verbindet seine Jugend mit klassischer Aufmerksamkeit für das Produkt. Er spielt mit Texturen und gibt erkennbaren Geschmacksrichtungen einen eigenen Dreh. Ehrgeizig!“, schreibt der Michelin zu dem ambitionierten Eupener. Möglicherweise kann ja hier bald ein Ostbelgier einen Stern feiern. (hegen/Foto: GE-Archiv/privat)