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Kulturerbe aus dem Ofen

Italien platzt vor Stolz: Die Kunst des Pizzabackens aus Neapel steigt zum immateriellem Kulturerbe auf. Dabei ist Pizza in Italien niemals nur Pizza – sondern für viele eine Art Glaubensfrage: „Magst du lieber römische oder neapolitanische Pizza?“ In Rom ist die Pizza dünner, knuspriger und wird typischerweise „al taglio“, stückweise auf die Hand, verkauft. So, wie sie in Neapel gebacken wird – bei 485 Grad, nicht länger als 60 bis 90 Sekunden über Holzfeuer -, hat sie seit Donnerstag einen besonderen Status. Die Unesco nahm die Kunst des Pizzabackens in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf.

In Italien wird die Pizza – wie die Pasta – nicht nur als internationales Aushängeschild der Küche oder als Stück nationaler Identität verstanden. Ihre Herstellung wird gerne als Kunst bezeichnet, was das Unesco-Komitee bei seiner Tagung auf der südkoreanischen Insel Jeju nun anerkannte. Nach der mexikanischen und französischen Küche etwa wird nun endlich auch ein Teil der „cucina italiana“ gewürdigt. „Made in Italy hat einen weiteren großen Erfolg erzielt“, jubelt Agrar- und Ernährungsminister Maurizio Martina.

„Zum Anfeuern“ der „Pizzaioli“ besuchte Kulturminister Dario Franceschini einen Tag vor der Entscheidung noch den Ofen im Schloss und heutigen Museum von Capodimonte, in dem 1889 die erste Pizza Margherita gebacken worden sein soll. „Die Kunst der neapolitanischen Pizzaioli ist ein uraltes Handwerk, Teil unseres Kulturerbes“, kann Franceschini nun mit Fug und Recht sagen.

Ein gewisser Raffaele Esposito soll Ende des 19. Jahrhunderts in das Schloss gerufen worden sein, um für Königin Margherita Pizzen zuzubereiten, etwa ganz klassisch mit Tomaten, Mozzarella und Basilikum. „Die Königin mochte die mit Mozzarella und Tomaten am liebsten“, schreibt das Kulturministerium. Mittlerweile ist die wohl berühmteste aller Pizzen in Restaurants in aller Welt zu kriegen. Die Farben des Belags entsprechen den italienischen Nationalfarben: Rot, Weiß, Grün.

In Neapel sei aus einem „Armen-Essen“ Kunst gemacht worden, sagte der Anthropologe Marino Niola der Zeitung „La Repubblica“. In der Wiege der Pizza üben laut Unesco etwa 3.000 Pizzabäcker die „kulinarisch-handwerkliche Praxis“ aus. Die Tradition fördere soziale Zusammenkünfte und den Austausch der Generationen.

Die Vereinigung Neapolitanischer Pizzaiuoli veranstaltet jedes Jahr Wettbewerbe und Kurse, die sich mit der Geschichte, aber auch mit Techniken des Pizzabackens befassen. In der „Bottega“ – der ursprüngliche Name für die Pizzerien – schauen sich Lehrlinge noch immer das Können der Meister ab. Landesweit gibt es aber auch Kurse an Akademien, an denen das Handwerk gelehrt wird.

Längst wird die Pizza nicht mehr nur klassisch rot-weiß-grün belegt – statt mit Tomatensoße kriegt man sie mit Walnusscreme oder Hummus. Der Teig kann auch glutenfrei sein. Ebenso diversifiziert sich das Pizzageschäft in Italien und wird immer internationaler. Das hat allerdings wirtschaftliche Gründe: An den Öfen stehen oft diejenigen, die für wenig Geld hart arbeiten.

Nach Angaben der Mailänder Industrie- und Handelskammer kommen die meisten ausländischen Pizzabäcker aus nordafrikanischen Staaten wie Ägypten oder Tunesien sowie aus Pakistan und Bangladesch. Oft arbeitet ein Pizzabäcker sechs Tage pro Woche im Schichtdienst, ohne Nacht- oder Wochenendzuschlag, für 1.000 bis 1.500 Euro im Monat. Weil viele Italiener diese Bedingungen nicht akzeptieren, finden Pizzerien in Migranten bereitwillige Arbeitskräfte. (dpa/Foto: Arno Burg)

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