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Ein Prickeln bei jedem Häppchen: Was zu Sekt schmeckt

Es ist ein eingefahrenes Ritual: Ob beim Festessen, im Restaurant oder bei der Einladung bei Freunden – zur Begrüßung gibt es ein Gläschen Sekt. Der prickelnde Aperitif als kleiner Stimmungsmacher. Doch dann wird das Glas gewechselt. Passend zum jeweiligen Essen kommt der Wein auf den Tisch. Nur die wenigstens kommen auf die Idee, einfach beim Sekt zu bleiben – und wissen gar nicht, was ihnen für eine Geschmacksexplosion entgeht.

«Als Essensbegleiter bringt Sekt viel Frische ins Spiel. Seine Spritzigkeit hat das Talent, Aromen zu verstärken», sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Bodenheim. Doch nicht nur das: Gehaltvollen Gerichten könne er die Schwere nehmen, etwa einem fettreichen Entenbraten. «Schaumwein wirkt wie ein Freiputzer, macht Lust auf den nächsten Happen», sagt auch Sommelière Romana Echensperger. Zu einem Rehbock mache ein Rotwein schnell fertig, satt und müde. «Nicht aber mit Sekt. Da fühlt man sich frischer und nicht so schwer», sagt „Master of  Wine“ Echensperger

In Workshops zu «Sekt als Essensbegleiter» lässt sie Teilnehmer den Aha-Effekt erleben. Da ergibt Meerrettich zu gebeiztem Lachs in Liaison mit einem Riesling-Wein zunächst einen bitter-metallischen Geschmack. Doch wenn ein Riesling-Sekt ins Spiel kommt, fegt der Sprudel den Meerrettich einfach weg. Auch ein Rindertatar ist durch das rohe Ei eher schwierig zu Wein. Die Kohlensäure des Riesling-Sektes bringt dagegen jeden Happen auf dem Gaumen zum Sprudeln. Genau wie der trockene Muskattrollinger das Erdbeer-Rhabarber-Dessert.

Da heute Desserts mit viel weniger Süße serviert werden, sei auch kein Platz mehr für Süßweine, wie etwa Eiswein. «Der würde einem die Erdbeeren um die Ohren hauen», lacht die Expertin und rät Unschlüssigen zu einem trockenen Weißburgunder-Sekt. Der passe zu allem.

Trauben wie Riesling, Muskattrollinger, Weißburgunder als Sekt? Ja! Neben den industriellen Markensekten aus dem Supermarkt gibt es auch Winzersekt, der meist nur im Fachhandel oder bei Sektmanufakturen erhältlich ist. Durch eine zweite aufwendige und monatelange Gärung, die direkt in der Flasche stattfindet, entstehen Schaumweine, die dann um die 20 Euro kosten und durchaus in der «Schampus League» mitspielen. Im Konzert von Champagner, Crémant, Cava oder Spumante klingt einzig der Name etwas sperrig: Deutscher Winzersekt. Er ist nicht wie etwa Champagner an eine bestimmte Region gebunden. Sein Vorzug ist die Geschmacksvielfalt.

«Man braucht nicht viel Alkohol für den Geschmack, wichtig ist die Auswahl der Rebsorten», erklärt Volker Raumland, Präsident des Verbandes der traditionellen klassischen Flaschengärer. Der Name des Verbandes klingt wenig champagnerartig. Darf er auch nicht: Die «Méthode champenoise» war einst die Bezeichnung des Flaschengärungsverfahrens, doch seit 1994 ist sie allein für die Champagne reserviert – übrig blieb die wenig prickelnde sinngemäße deutsche Übersetzung. Dafür kann Deutschland mit dem Titel punkten – als Weltmeister im Schaumweinverbrauch. Vier Liter sprudelt jeder jedes Jahr eben mal so weg. «Allein in Deutschland werden 420 Millionen der zwei Milliarden weltweit erzeugten Flaschen pro Jahr geleert», sagt Büscher.

Zum Dessert aus nicht zu süßen Variationen von Rhabarber mit Erdbeere, Blätterteig und Eischnee passt ein trockener Muskattrollinger-Sekt. Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn

Für Ellen Stengel von der Wein- und Sektmanufaktur Stengel ist Sekt nicht nur zum Trinken da. Sie kocht auch damit: «Wenn ich einen Sauerbraten mache, lege ich ihn in roten Lemberger Sekt ein. Und der kommt auch immer mit in die Soße», gibt sie ein Beispiel. Dass mal eine Kugel Sorbeteis im Sekt landet, sei ja nicht ungewöhnlich. Die Winzer-Gattin hat einen besseren Vorschlag. Alkohol bewirkt, dass ein Sorbet nicht so stark kristallisiert. «Deshalb gebe ich Sekt ins Sorbet, dadurch lässt sich die Kugel viel einfacher formen.» Auch Spargel darf bei den Stengels in Sekt baden. «Zum Spargel-Wasser kommt neben Salz, Zucker und Butter auch ein kleiner Schuss Muskateller-Sekt. Der unterstreicht die Spargel-Note», sagt die Marketing-Chefin des Familienbetriebs. Ein weiterer Tipp: Statt Sauce Hollandaise gibt es prickelnde Buttersoße zum Stangengemüse. «Dazu sollte man Butter zerlassen und mit Mehl anschwitzen. Noch bevor die Schwitze Farbe bekommt, löscht man mit Spargelwasser ab und gibt zum Schluss einen Schuss Muskateller-Sekt dazu», rät Stengel.

Keine Soße ohne Sekt ist auch das Motto von Bettina Schönleber vom Sektgut Schönleber . Sie hat beobachtet, dass viele Leute Soße mit Balsamico kochen. «Doch das Spiel mit der Säure funktioniert mit Sekt viel besser», sagt sie. «Wenn man etwa Kalb anbrät oder Kalbsgeschnetzeltes rahmig werden soll, filtert Sekt die Aromen richtig raus.» Wer Sekt als Essensbegleiter einschenkt, sollte wissen, dass salzige Speisen etwa nach trockenem Sekt rufen, besser noch nach einer Flasche «extra dry». «Aufpassen muss man bei Speisen mit Zitronensaft, Essig oder Tomate. Davon reicht ein Hauch. Denn Sekt potenziert die Säure. Das gilt auch für pfeffrige und stark gewürzte Gerichte», warnt Anna Göhring. Die 24-jährige Winzertochter muss es wissen. Sie studiert nicht nur internationale Weinwirtschaft, sondern ist auch die amtierende Weinkönigin in Rheinhessen. (dpa/Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn)

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