Gourmet Tipps & Tricks

Gewickelt und geschnürt: Omas Kohlroulade erfindet sich neu

Sie kommen wie ein kleines Geschenk auf den Tisch. Und tatsächlich sind Kohlrouladen immer für eine Überraschung gut: Denn neben Omas rustikaler Version mit viel Fleisch und gehaltvoller Soße gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten, köstliche Füllungen in zarten Kohlblättern zu verstecken.

Die „geheimnisvollen Päckchen“ aus ihrem Schattendasein zu befreien und dem Kohl die „altmodische Note“ zu nehmen, hat sich Kochbuchautorin Petra Kolip vorgenommen. Denn Kohlrouladen sind nicht nur lecker, sondern auch gesund: „Kohl ist ballaststoffreich, kalorienarm und regional“, schwärmt die Professorin an der Bielefelder Fakultät für Gesundheitswissenschaften. Zudem sei er gerade im Winter eine gute Quelle für Vitamine und Mineralstoffe, und er habe eine Besonderheit zu bieten: Der Vitamin-C-Gehalt von Kohl erhöhe sich bei nicht zu langem Kochen sogar noch.

Es muss nicht immer Weißkohl sein. Diese Variation einer Kohlroulade ist in Rotkohl gewickelt und mit Wildhackfleisch und Pfifferlingen gefüllt. Fotos: Walter Pfisterer & Johanna Gollob/Hädecke Verlag/dpa-tmn

Aber Kohlrouladen sind nicht nur ein Gericht für die kalte Jahreszeit. „Im Sommer kann man sie auch auf den Grill legen“, sagt Tobias Janzen, Küchenchef im Berliner Restaurant „Jolesch“. Und auch mit verschiedenen Gemüsen gefüllt, geschmort und dann kalt mit einer Vinaigrette angerichtet, schmecken sie leicht und sommerlich. Statt des klassischen Weißkohls schlägt Janzen vor, die Füllungen zur Abwechslung einmal in Wirsing oder Rotkohl zu packen.

Auch Chinakohl, Pak Choi, Grünkohl, Spitzkohl oder Mangold sind als Verpackungsmaterial hervorragend geeignet. Noch extravaganter wird das kulinarische Päckchen mit Kohlrabiblättern. Und wer die Mühe nicht scheut, kann sogar Rosenkohlblätter zum Einwickeln nehmen, schlägt Steve Karlsch, kulinarischer Direktor der „Brasserie Colette Tim Raue“, vor.

Zeitgemäße Zutaten für die Füllung seien beispielsweise Tofu, Glasnudeln, Kräuter, Samen, Getreide und Blüten, sagt Karlsch und hat die Idee, Spitzkohlblätter mit Quinoa, Schafskäse, Minze und Melone zu füllen. Wer doch beim Gehackten bleiben wolle, könne das Fleisch aber zumindest mit Gemüse mischen, empfiehlt der langjährige Weggefährte von Sternekoch Tim Raue.

Die japanische Version der Kohlroulade ist mit Schweinhackfleisch gefüllt und liegt auf einem Bett aus Zuckerschoten, Möhren und Shiitake-Pilzen.

„Kleine kalte Kohlrouladen sind auch ein guter Snack für unterwegs“, rät Karlsch. Gefüllt mit geschmackvoll angemachtem Reis oder Getreiden sei die Beilage schon in der Kohlroulade drin, und das Röllchen werde mit einem Dip oder einem Dressing zu einer idealen selbst gemachten Büromahlzeit.

Und auch bei der Zubereitung der Päckchen ist Vielfalt angesagt: schmoren, leicht schwimmend in einem Fond kochen, grillen, panieren, frittieren – die Kohlroulade macht fast alles mit, sagt Karlsch. Um die Bekömmlichkeit des Kohls zu erhören, schlägt er neben dem schon in den klassischen Rezepten häufig verwendeten Kümmel die Beigabe von Beifuß, Fenchel, Anis und afrikanischem Pfeffer vor. Paniert werden in den Rezepten von Petra Kolip beispielsweise Spitzkohlrouladen mit einer Füllung aus Pinienkernen, in Öl eingelegten getrockneten Tomaten, Ricotta und Parmesan. Sie sind schnell gar und ergeben mit einem Salat serviert ein raffiniertes vegetarisches Gericht.

Feines in Kohl eingepackt wird in aller Welt. Kolip schätzt orientalische Varianten des Krautwickels mit Rosinen und Kreuzkümmel oder getrockneten Aprikosen und Mandeln. Außerdem stellt sie in ihrem Buch „Kohlrouladen und Krautwickel“ libanesische Rouladen mit Lammwürfeln und Zimt vor. Und eine japanische Variante, die in Geflügelfond serviert wird und somit auch in die leichte moderne Küche passt, ist gefüllt mit Zwiebelwürfeln, Möhren und Schweinehackfleisch. Auch Fisch kommt in die Kohlroulade: Kolip schlägt Chinakohlröllchen mit frischem Thunfisch, Lauch, Ingwer, Sesam und Miso vor.

Malfouf heißt die libanesische Variante der Kohlroulade. Sie ist mit Lammwürfeln und Reis gefüllt.

Auch in der Türkei gehören Kohlrouladen in regionaltypischen Variationen seit jeher auf den Tisch und sind ein echtes „Mama-Essen“, wie Orhan Tancgil, Foodblooger und TV-Kochf erzählt. Unterschieden werde hauptsächlich zwischen zwei Arten: mit Fleisch, Reis und Gewürzen gefüllte Rouladen, die warm gegessen werden, und – vor allem im ägäischen Raum – vegetarische Röllchen mit Reis, Kräutern und Pinienkernen, die langsam in Olivenöl gebraten und dann kalt als Vorspeise (Mezze) oder Beilage serviert werden.

In die klassische warme Weißkohlroulade türkischer Art kommen als Füllung Rinderhack, Zwiebeln, Tomaten, Risottoreis, getrocknete Minze sowie Salca – eine Mischung aus Paprika- und Tomatenmark. Die Röllchen werden bei mittlerer bis leichter Hitze in Brühe gegart. Dazu wird grundsätzlich Joghurt serviert.
Die Rouladen müssen nicht unbedingt mit Küchengarn gebunden oder zugesteckt werden. Wenn sie zum Garen dicht nebeneinander „auf die Naht“ gelegt werden, halten sie auch ohne weitere Hilfsmittel zusammen, sagt Tancgil. Er empfiehlt zudem, möglichst jungen Kohl zu verwenden, da sich die Blätter besser wickeln ließen.

Weich und geschmeidig werden die Kohlblätter auch durch das Blanchieren, das zu den notwendigen Vorbereitungsarbeiten für die Herstellung von Kohlrouladen gehört. Zudem werden dabei die Bitterstoffe aus den Blättern gelöst. Karlsch empfiehlt, die Blätter nach dem Blanchieren zusätzlich zwischen zwei Tüchern auszuwalken, damit sie schön platt und die fertigen kleinen Päckchen dann zu echten Geschenken auf dem Teller werden. (dpa/Foto: Orhan Tançgil/kochdichtürkisch.de/dpa-tmn)

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