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Flirrendes Gold auf dem Teller: So zauberhaft ist die Blütenküche

Für Tuuli und Matti Kotaja ist Ferienzeit Erntezeit. So wie andere Erdbeeren oder Kirschen pflücken, sammeln sie ihre «Rosa rugosa» ein. Genaugenommen die Rosenblätter der Rugosa. Samtweiche, satte pinkfarbene Rosenblätter. Aneinandergereiht würden die Pflanzen hier in Finnland, auf der nördlichsten Rosenfarm der Welt, eine rund 20 Kilometer lange Reihe ergeben. All diese Pflanzen durchforstet das Farmerpärchen nach den schönsten und kräftigsten Rosenblüten. Sie statten damit nicht etwa Hochzeits-Suiten in Hotels aus, sondern machen daraus eine Konfitüre, die so schmeckt, wie die allerschönsten Rosen duften.

«Das ist unsere spezielle Züchtung», sagt Rosenbauer Matti. Es sei eine große Herausforderung, Rosen anzubauen, die die langen Winter im Südwesten Finnlands überleben. Der Sommer ist dafür kurz, aber kühler als im Rest Europas – und fast durchgehend taghell. «Dadurch wachsen die Blumen ohne Stress, was die Farbe, den Geschmack und das Aroma so intensiv macht», erklärt Tuuli. Deshalb nennen sie ihre Rose gern auch «Mitternachtssonne».

Und wie entsteht daraus Konfitüre? «Nach dem Pflücken werden die Blätter gewaschen und tiefgefroren», erklären die Kotajas. Im Eisschrank warten die Blütenblätter dann auf den Winter – wo sie zu neuem Leben und Duft erweckt werden. «Die Blätter werden in kleine Stückchen geschnitten und zusammen mit einigen Spritzern Zitrone, Pektin und Johannisbeeren gekocht», beschreibt Tuuli. Ohne Konservierungsstoffe, wie sie betont. Der Rest sei Betriebsgeheimnis.

In einem kleinen Gläschen mit 125 Gramm Konfitüre stecken rund 100 Rosenblätter. Der Zuckeranteil liegt bei nur 25 Prozent. Bei den meisten Marmeladen sind es zwischen 40 und 60 Prozent. «Wenn die Konfitüre etwas herber ist, kommt das Rosenaroma mehr zur Geltung», sagt Tuuli. Sie empfiehlt die Konfitüre vor allem als Begleiter für Käse, speziell Ziegen-Käse, Roquefort, Brie oder Halloumi. Auch zu Ente, Austern oder Pannacotta passe sie perfekt.

Einen besondern Effekt bewirken Gänseblümchen, die noch Knospen sind. Nach dem Servieren in die warme Suppe gestreut, gibt es nach 2 bis 3 Minuten einen richtigen Knospenknall und die Gänseblümchen gehen auf. Foto: Ursel Bühring/dpa-tmn

Wer seine Rosen im Garten nicht gerade mit der chemischen Keule beackert, könne gesunde Rosenblätter ruhig in Sekt, Wasser oder im Salat verwenden, ermuntert Matti Kotaja alle Gartenbesitzer. Auch an Marmelade könne man sich wagen und rumexperimentieren. So habe er schließlich auch angefangen.

Doch nicht nur Rosenblätter eignen sich für die Blütenküche. «Von Hornveilchen über Kornblumen, Lavendel, Basilikumblüten bis zu Malven sind sehr viele Blüten essbar», sagt Christian Herb, Bio-Gärtner im Netzwerk Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau. Das hätten die Menschen schon vor 2.000 Jahren getan, dann allerdings vergessen.

Erst durch die Spitzenküche sind Blüten wieder präsent. Herb rät, Blüten wie etwa die der Hornveilchen erst kurz vorm Servieren zu pflücken. «Zugluft ist Gift für die zarten Blüten.» Besser sei es daher, sie nur im Kühlschrank etwas warten zu lassen. Gäste ließen sich beeindrucken, wenn man zur Begrüßung kandierte Veilchenblüten anbietet, sagt Herb. Wie das funktioniert, erklärt das Bundeszentrum für Ernährung: Dazu wird Eiweiß mit wenig Puderzucker halbsteif geschlagen. Dann die Blütenblätter mit einer Pinzette durch die Eischneemasse ziehen und die Blüten rundum mit Zucker bestreuen, auf Backpapier legen und im lauwarmen Backofen trocknen lassen. «Ein optischer Hingucker sind auch Eiswürfel mit Blüten. Immer ein paar frische farbige Blütenblätter in den Eiswürfelbereiter streuen und mit dem Wasser einfrieren», rät Herb. Die Finger lassen sollten Hobbyköche allerdings von Finger- und Eisenhut sowie Rittersporn. «Die sind giftig», warnt der Gärtner.

Mit Gänseblümchenknospen für wahren Wow-Moment sorgen

Für Ursel Bühring bringen Blüten erst so richtig Farbe in die Küche. Warum so viele Leute Berührungsängste mit essbaren Blumen haben, kann die Gründerin einer Heilpflanzenschule gar nicht verstehen. «Brokkoli und Blumenkohl sind doch auch nur Blüten. Viele Menschen wissen das nur nicht», sagt Bühring, die ein Sachbuch zum Thema Blütenküche geschrieben hat. Eine ihrer Lieblingsblumen zum Anbeißen sind Gänseblümchen. «Was an denen so toll ist? Sie sind gesund und Alleskönner», erklärt Bühring.

Gänseblümchen stecken auch in Hustentees. «Dabei wird die schleimlösende Wirkung genutzt», erklärt die Expertin. Sie nutze die kompletten Pflänzchen auch mal wie Feldsalat. Sie seien stabil genug und machen sich durch ihren nussigen Geschmack auch in einer Marinade hervorragend. In einer Frühlingssuppe wiederum könne man mit lauter Gänseblümchenknospen für einen wahren Wow-Moment sorgen. «Wenn alle schon am Tisch sitzen, reichlich Knospen in die Suppe streuen. Nach zwei bis drei Minuten platzen sie schlagartig auf. Und alle machen Ahhhh», garantiert Bühring.

Tolle Effekte verspricht auch die Ringelblume. «Weil ihre Blütenblätter alles Mögliche gelb färben kann, wird sie auch als flirrendes Gold bezeichnet», so Bühring. Zum Färben von Reis gebe man die Blättchen die letzten fünf Minuten einfach hinzu. Dann wird der Reis zartgelb. Je mehr Blätter, umso dunkler das Ergebnis. Für Butter sollten die Ringelblumen-Blättchen im Mörser gemahlen werden. Dann wird das Pulver mit der Butter vermischt. Bühring warnt allerdings: «Nur die Blütenblätter der Ringelblume abzupfen – niemals die Blütenkörbchen. Manche Leute können allergisch darauf reagieren.» Auch beim Pflücken von Kapuzinerkresse sollte man immer ins Innere blicken. «Oft versteckt sich dort eine kleine Hummel.» (dpa/Foto: Robert Günther/dpa-tmn)

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