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Mahlzeit (21/Le Gourmet): Der schlafende Riese ist erwacht

Das Restaurant „Le Gourmet“ war über Jahre hinweg die erste Adresse und das Traditionshaus in Eupen schlechthin. Besondere Anlässe feierte man im Ambassador Hotel Bosten. In den letzten Jahren waren die Küchenleistungen aber arg schwankend und galt das kulinarische Angebot nicht gerade als innovativ. Die Folge war ein rückläufiger Zuspruch.

Seit der Übernahme durch die  Gesellschaft Hua Mei Anfang 2016 weht ein frischer Wind durch das imposante Gebäude am Zusammenfluss von Weser und Hill in der Eupener Unterstadt. Zunächst verpassten die Eigentümer den Zimmern einen neuen Anstrich und seitdem Alexander Braun Ende 2016 die Verantwortung für „Food & Beverage“ übernommen hat, ist auch die Küche zukunftsorientiert ausgerichtet worden. Der Speisesaal ist in der früheren Brasserie angesiedelt. Diese erreicht der Gast über einen völlig neu gestalteten Eingangsbereich. Vier Vorspeisen und vier Hauptgänge befinden sich auf der Karte, doch seit einigen Wochen bietet das Haus ausschließlich Menüs an, die wie folgt gestaffelt sind: drei Gänge 37 Euro, vier Gänge (45 Euro),  fünf Gänge (55 Euro) und sechs Gänge (65 Euro).

Einer von insgesamt vier "Grüßen aus der Küche".

Einer von insgesamt vier „Grüßen aus der Küche“.

Alexander Braun hatte einst seine Lehre im Ambassador Hotel Bosten gemacht und anschließend in verschiedenen Sternehäusern gearbeitetet, eher er dann das Lokal „Duo im Rotterwäldchen“ eröffnete. 2013 war dieses von den Kritikern des Gault&Millau nach nur zwei Jahren Selbstständigkeit mit 15 von 20 möglichen Punkten gewürdigt worden. Der 34-Jährige übernahm dann das Restaurant „Delcoeur“ und erlebte nach knapp zwei Jahren am neuen Standort in der Eupener Innenstadt Schiffbruch.

Nach einer Auszeit in der Gastronomie witterte er eine neue Bewährungschance, kehrte wieder auf die Bühne zurück und nach noch nicht mal einem Jahr darf man ihm attestieren, dass er den schlafenden Riesen wieder zu Leben erweckt hat. Die Küche trägt inzwischen deutlich seine Handschrift: moderne Garmethoden, perfekt angerichtete Teller und ein Koch, der seine Kreativität mit besten Produkten – bevorzugt aus der Region – auslebt.

Kabeljau, so wie er sein muss.

Kabeljau, so wie er sein muss.

Schon bei den „Grüßen aus der Küche“ brennt Braun ein Feuerwerk ab: Chiliblätter mit Austernmayonnaise und Kornblumen,  Pfeffercracker, geräucherte Forelle mit Sepia, Ragout vom Rind mit Kartoffelschaum und Kurkuma  sowie gerösteter Kürbis, Sumach und Pumpernickelmilch. Boah! Dass das Brot selbst gebacken ist, ist vor diesem Hintergrund kaum erwähnenswert. Der Anspruch ist damit klar defininiert. Der Koch will seinen Gästen einen besonderen Abend bescheren, den wir uns 37 Euro pro Kopf – die Preisgrenze für einen Bib Gourmand – kosten ließen. Braun, der zurzeit selbst in der Küche steht, schafft es, Teller zu kreieren, die harmonieren, auch wenn sie noch so verschiedene Geschmackserlebnisse zusammenführen. Klar ist, dass seine Ideen polarisieren, sie aber niemanden gleichgültig lassen, da sie auf alle für Aha-Erlebnisse sorgen.

Der krönende Abschluss... Fotos: Heinz Gensterblum

Der krönende Abschluss… Fotos: Heinz Gensterblum

Kabeljau mit Pistazien und Pilzpulver, gefüllte Zwiebel mit Süsskartoffel und Kräutersaitlingen führte er zur Vorspeise zusammen, die der Kellner noch mit einem Zwiebelsud umgarnt. Der Fisch war so schön glasig, wie wir ihn seit Jahren aus dem ehemaligen Sternerestaurant „Le Postay“ in Erinnerung haben. Dort hatte Braun einst an der Seite von Anthony Delhasse die Patisserie geleitet.

Im Hauptgang (siehe Titelfoto) tischte die Küche zwei Medaillons vom Kalb mit Tomatenvariationen, orientalischem Gewürzpulver, Kräuteröl und Malzbierreduktion auf. Die Vielfalt ist bemerkenswert, die Raffinesse groß und die Interpreation selbstbewusst. Eine Aprikose im Zucker, geräucherte Mandel und Erdnusseis ließ Braun noch vor dem Desserst schicken, bevor Arthur nature (ein Käse von Tobias Boffenrath aus Eynatten), rote Früchte, Veilchen und Rosen den krönenden Abschluss bildeten. Ein Gericht, das den Gaumen kitzelt und das Talent des Küchenchefs bei den Desserts unterstreicht, die in unseren Breitengraden häufig stiefmütterlich behandelt werden.

Mit derselben Entschlossenheit, wie Braun die Karte entstaubt und neu ausgerichtet hat, ist er auch bei der Gestalung der Weinkarte vorgegangen. Natürlich gibt es sich noch, die klassischen französischen Anbaugebiete, doch hat der Eupener, der seit Jahren einer Sommelierausbildung folgt und nur noch einige Monate von der Abschlussprüfung entfernt ist, die angebotene Weinwelt deutlich vergrößert und gibt dabei auch jüngeren, unbekannteren Winzern eine Bewährungschance. Vor allem die Weine der Pfälzerin Adriane Moll wussten uns zu begeistern. Preislich geht es bei 26 Euro pro Flasche los, die korrespondierende Weinbegleitung ist beispielweise im Vier-Gang-Menü mit 25 Euro veranschlagt. Der Service ist ausgesprochen freundlich und bemüht, agiert aber (noch) nicht auf dem Niveau der Küchenmannschaft.

Das „Le Gourmet“ ist wieder zurück im Bereich der Spitzenküche. Sowohl Hotelgäste als auch Einheimische wissen inzwischen wieder zu schätzen, dass im Ambassador Hotel bei einem vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis vorzüglich gespeist werden kann. Hier wird zwar nicht mehr wie früher der obligatorische Nachschlag gereicht und zum Digestif geladen, doch ist Alexander Braun dabei, einen kulinarischen Fixpunkt zu etablieren, die aus vielerlei anderen Gründen einen Besuch lohnenswert macht. (hegen)

„Le Gourmet“ im Ambassador Hotel Bosten, Haasstrasse 81, 4700 Eupen

 Tel.: 087/74 08 00

Öffnungszeiten: von Mittwoch bis Samstag ab 18 Uhr

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