Gastro-News Gourmet

„In Ostbelgien ist ein Aufwärtstrend festzustellen“

Jürgen Jordans hat von November 2003 bis März 2013 am Zentrum für die Aus- und Weiterbildung des Mittelstandes in Eupen unterrichtet und war fast zehn 10 Jahre für die Koch- und Serviceausbildung verantwortlich. Danach war er von Oktober 2012 bis März 2016 Projektleiter und Küchen-Chef der Zentralküche der Deutschsprachigen Gemeinschaft an der Vervierser Straße. Inzwischen ist der 69-jährige im Ruhestand, verfolgt die Gastronomieszene von Raeren aus aber noch ganz genau.

Im Fußball redet man in Belgien derzeit von einer Goldenen Generation. Gilt das auch für die ostbelgischen Köche?

Abgesehen von der schon lange fälligen Auszeichnung für Ricarda Grommes in St.Vith gibt es hier und da vereinzelte Goldstücke, im Großen und Ganzen ist ein Aufwärtstrend festzustellen, aber in der Hauptstadt der Deutschsprachigen Gemeinschaft tut man sich doch noch sehr schwer.

Ricarda Grommes und Gary Kirchens sind inzwischen Sterneköche, Alexander Braun hat auch schon eine 15 im Gault&Millau erkocht und Thi Kim Bon Le kommt in diesem Jahr auf stolze 14 Punkte. Waren dies alles schon starke Schüler?

Ja, alle waren schon damals „kleine“ Persönlichkeiten, man merkte, denen gehört die Zukunft.

Gibt es noch andere Kochtalente aus unseren Breitengraden, die hier in Ostbelgien nicht so im Fokus stehen, weil sie in unbekannteren Häusern kochen oder es sie in die weite Welt verschlagen hat?

Ja, sicher, da gibt es zum Beispiel Carmen Thelen, welche im Alter von sage und schreibe 25 Jahren das Restaurant des Boutique-Hotels „Demeure du Parc“ in Fontainebleau bei Paris, mit zwölf Mitarbeitern in der Küche, mit großem Erfolg leitet. Andere waren in London oder Wien, oder sind zum Beispiel in der Schweiz, am Vierwaldstättersee.

Wer von allen ist denn mit dem größten Talent gesegnet?

Auf dieses glatte Eis traue ich mich nicht. Ich habe da viele Talente gesehen, aus denen man hätte etwas machen können, aber sie haben nichts daraus gemacht. Siehe Matthäus 25, 14-30.

Jürgen Jordans (links) und Gary Kirchens beim Abschmecken. Fotos: GE-Archiv

Jürgen Jordans (links) und Gary Kirchens beim Abschmecken. Fotos: GE-Archiv

Sie gelten als Mentor von Gary Kirchens. Was würden Sie ihm für seinen weiteren Werdegang raten? Den Schritt in die Selbstständigkeit? Die Rückkehr nach Ostbelgien?

Er braucht jetzt eine Phase der Konsolidierung, danach muss man weitersehen. Er ist ein Leader-Typ, das kann er als Selbstständiger nicht verwirklichen. Das „Dorf“ Ostbelgien wird und kann nicht sein Ziel sein.

Was trauen Sie ihm und Ricarda Grommes noch zu?

  • Auch Ricarda Grommes muss jetzt über mehrere Jahre ihren Stern verteidigen, das wird sie in Zukunft von St.Vith aus regeln, schließlich hat sie einiges an Geld für ihr neues Restaurant in die Hand genommen.
  • Eine ganze Reihe von großen Köchen wird in naher Zukunft die Altersgrenze erreichen. Da gibt es eine Menge Perspektiven für Gary Kirchens.

Eine Reihe von Restaurants haben in der jüngeren Vergangenheit in Flandern den Michelin-Stern freiwillig zurückgegeben, indem die Köche sich aus der Spitzengastronomie verabschiedet haben. Können Sie das nachvollziehen?

Wer schon jemals hinter die Kulissen der Spitzengastronomie geschaut hat, weiß welcher Druck hier jeden Tag entsteht. Vergleichbar mit der Notaufnahme einer Klinik. Dann muss jede Hochküche auch Spitzenköche in ihrer Brigade beschäftigen. Ein erstklassisches Servicepersonal beschäftigen, dazu Weine aus aller Welt… Viele Fernsehköche brauchen ihre Gagen auch zum Überleben ihrer Betriebe, die Nebeneinnahmen aus Werbung usw. gehören auch dazu. Am Wochenende scheint überall die Sonne, aber die anderen Wochentage können oft dünn besetzt sein.

Was zeichnet in Ihren Augen heutzutage ein gutes und zugleich erfolgreiches Restaurant aus?

Küchen-Chef und Restaurant-Chef müssen eine Gastgeberrolle einnehmen – und sich verkaufen können. Die Präsenz dieser beiden Führungskräfte muss für den Gast immer bemerkbar sein. Die Karte sollte nicht mehr als neun Positionen beinhalten und Vegetarisches sollte auch dabei sein. Frische ist für die Küche oberstes Gebot und moderne Garverfahren müssen beherrscht werden. Im Service glänzt man mit Freundlichkeit, guter Laune und Fachkompetenz. Dann wird es laufen. (hegen)

Das könnte Sie auch interessieren