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Die Haute Cuisine der Regionalküche – Ein Besuch in „La Menuiserie“

Die Veröffentlichung der Restaurantführer Gault&Millau und Guide Michelin bescherte den Feinschmeckern für den Osten des Landes nur wenige Neuigkeiten. Lediglich in Nuancen unterschieden sich die Bewertungen von denen des Vorjahres. Im Gault&Millau verbesserte sich aber La Menuiserie aus Champagne immerhin von 16 auf 16,5 Punkte. Damit ist Thomas hinter Arabelle Meirlaen (18) und Christophe Pauly (17/Le Coq aux Champs) der Koch mit der drittbesten Bewertung in der Provinz Lüttich.

Ortsbesuch in der Gemeinde Weismes. Kurz nach 19 Uhr wird die Tür am Mittwochabend zur „Menuiserie“ aufgeschlossen. Im Jahr 2013 eröffneten Marie-Charlotte „Marcha“ Portois und ihr Lebensgefährte Thomas Troupin das Restaurant. Zügig etablierten sich beide, die sich 2010 in der Domaine des Hautes Fagnes kennengerlernt hatten, auf der gastronomischen Landkarte. Längst haben sie einen Stern und auch zwei gemeinsame Kinder.

„Produkte von ausgesuchter Qualität, unverkennbare Finesse auf dem Teller, auf den Punkt gebrachter Geschmack, ein konstant hohes Niveau bei der Zubereitung. Die einladende Atmosphäre dieses ehemaligen Festsaals ist bis heute spürbar … Die Hausherrin berät die Gäste gerne und kompetent bei der Auswahl auf der schönen Weinkarte. Die preisgünstige Küche ist sehr schmackhaft und kreativ. Genau das Richtige für ein Festmahl!“, ließen die Michelin-Tester ihrer Begeisterung freien Lauf.

Nicht weniger verhalten kommentierten die Kollegen des Gault&Millau das Gebotene, der den 30-jährigen Küchenchef im vergangenen Jahr als Jung-Chef des Jahres für die gesamte Wallonie gekürt hatte: „Er hat ein Talent, das an Frechheit grenzt. Und Marcha, seine Frau, weiß besser als jeder andere, wie man einem Empfang in der graubraunen und warmen Atmosphäre in dieser ehemaligen ländlichen Schreinerei einen Sinn gibt. Sie führt uns von einer schillernden Mahlzeit zur nächsten, wobei jede Etappe ein Genuss und eine Entdeckung ist.“

Wer den Eingangsbereich hinter sich gelassen hat, steht im Salon, in dem jeder Gast sich niederlassen kann, um die Speiseauswahl festzulegen und gegebenenfalls die Weinkarte zu studieren. In der ehemaligen Tischleierei ihres Großvaters gibt Marcha Portois den Ton im Service an. Die ausgewiesene Weinexpertin sprüht bei der Präsentation der Speisen und Getränke vor Detailwissen, während in der Küche ihr Partner die ersten Ausrufezeichen auf den Weg bringt.

Während Thomas Troupin in der Küche zaubert, verantwortet Marie-Charlotte Portois den Service.

Neben verschiedenen Menüformeln kann der Gast auch A la carte speisen. Diese wechselt vollständig Monat für Monat, sodass auch bei Stammgästen keine Langeweile aufkommt und stets für überraschende Momente gesorgt wird. Die Weinkarte wird von französischen Weinen dominiert und bietet für jeden Geldbeutel etwas. Selbst für 30 Euro gibt es hier noch Flaschen, was auf Sterneniveau eher die Ausnahme als die Regel ist. Nach oben sind dem Gourmet preislich kaum Grenzen gesetzt. Viele Gäste entscheiden sich aber für die korrespondierenden Weine, die die Hausherrin auswählt. Eine Besonderheit der Menuiserie ist die alkoholfreie Getränkebegleitung, die zwei Monate nach Einführung von fünf Prozent der Kundschaft gewählt wird.

Eine entscheidende Etappe in seinen Lehr- und Wanderjahren hat Thomas Troupin, der aus der Gegend von Villers-le-Bouillet stammt, im L‘Air du temps verbracht. Das Restaurant in Liernu gilt seit Jahren als Anwärter auf den dritten Stern und hat in diesem Jahr vom „gelben Führer“ 19 Punkte erhalten. Die Küche von Troupin ist ähnlich innovativ, präzise und regional verwurzelt. So weit wie möglich kauft er bei regionalen Erzeugern ein. Das Paar gehörte zu den ersten Gastronomen, die das Kalb von Lothar Vilz in Mürringen entdeckten. Das Wild kommt vom Birkenhof in Bütgenbach, die Forelle aus Ondenval, der Cidre aus Lierneux und die Schokolade aus Lüttich. Das, was der von Leidenschaft angetriebene Troupin mit seinen zwei Mitarbeitern in der Küche auf den modernen Tellern anrichtet, ist eine zeitgemäße, regionale Küche nahe der Perfektion. Ein Feuerwerk an Geschmacksexplosionen brennt er bereits mit den Amuse bouche ab, von denen es gleich fünf gibt. Ein Klassiker ist das Ei, das bei 63 Grad zwei Stunden gegart und aktuell um Chorizo und eine Fritte verfeinert wird. Ein Champagner ist hier in Champagne keine falsche Wahl zum Einstieg in das Menü.

Anschließend geht es an den Tisch, an dem drei (45 Euro) bis neun Gänge (115 Euro) gereicht werden. Die Vor- und Hauptspeisen variieren zwischen 28 und 65 Euro. Der Raum im Erdgeschoss ist offen gehalten, nur der Küchenbereich abgetrennt. Das hausgemachte Brot wird mit Salz, Olivenöl und verschiedenen Buttersorten gereicht, im Hintergrund läuft passende Musik zur Begleitung bei dieser kulinarischen Reise auf dem Dach Belgiens. Viel Zeit steckt Thomas Troupin in die Entwicklung der Menüs, damit sie vom Anfang bis zum Ende stimmig sind und von A bis Z in seiner Küche entstehen. Selbst das Macaron, das zum Kaffee gereicht wird, ist „made in Champagne“.

Ein Amuse Bouche von Thomas Troupin: das Ei bei 63 Grad zwei Stunden gegart mit Chorizo.

Nicht alles, was er verarbeitet, kommt aus der Region. Dennoch ist Troupin auch beispielsweise beim Thema Fisch um Nachhaltigkeit bemüht. So ist der Mitglieder der Organisation „North Sea Chefs“, die unbekannte Fischsorten bekannt machen will und zudem völlig saisonal orientiert ist, unabhängig von der Nachfrage. Die erste Vorspeise war ein Zusammenspiel von Jakobsmuschel, Gravlax-Lachs, gebratenem Porree aus Longfaye und einer Buttersauce, was die Chefin des Hauses von einem Chardonnay aus dem Burgund begleiten ließ. Klassisch, aber völlig perfekt vom Garpunkt her war die Seezunge mit grauen Krevetten und einer schmackhaften Soße. Eine geraspelte Kartoffel diente als Garnitur. Dazu war die Weinauswahl mit einem Clairette-Viognier-Verschnitt von der Rhône wesentlich mutiger als im ersten Gang.

In dieser Jahreszeit kommt kein Koch am Thema Wild vorbei. Zunächst ließ der Küchenchef – abgerundet durch einen Pinot noir – ein Stück vom Frischling auf einem Pot-au-Feu auftischen, dessen Reduktion ausgesprochen intensiv war. Geschmacklich überzeugend war auch der Hase, der mit einer glasierten Blutwurst, Kompott von der Quitte und Sellerie kombiniert wurde. Als Wein gab es den Venus-Verschnitt aus Grenache und Syrah vom hierzulande weit verbreiteten Weingut Mas de Martin. Mit einem Assortiment von belgischen Käsen, zu dem eine Vielzahl von Marmeladen angeboten und ein Rhabarbersorbet gereicht wurde, sowie mit Variationen von Schokolade von Benoit Nihant aus Lüttich klang das Menü aus. Der Wein von Benoit Heggen aus Warsage, ein Verschnitt von Gewürztraminer, Sieger, Chardonnay und Solaris, sorgte für einen überraschenden und überzeugenden Schlussakkord.

Und dann endete der Abend derart vielfältig, wie er begonnen hatte – mit vier Leckereien um Kaffee, wobei die Croustillons in der Papiertüte an den jüngsten Kirmesbesuch erinnern ließen. (hegen/Fotos: David Hagemann)

La Menuiserie

Inhaber: Thomas Troupin (Küche) und Marie-Charlotte „Marcha“ Portois (Service)

Küche: französische Hochküche, modern interpretiert, mit vielen regionalen Produkten

Auszeichnungen: ein Stern im Guide Michelin seit 2014,

16,5 Punkte im Gault&Millau

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Donnerstag abends ab 19 Uhr,

Freitag: Mittag und Abend, Samstagabend

Ruhetage:

Sonntag und Montag

Adresse: Champagne 12, 4950 Weismes

Tel.: 080/444485 – info@lamenuiserie.eu – www.lamenuiserie.eu

Preise:

drei Gänge: 45 Euro (17 Euro Weinbegleitung), vier Gänge: 55 Euro (25 Euro), sechs Gänge: 75 Euro (40 Euro), neun Gänge: 115 Euro (65 Euro)

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