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Wunder-Ding Jackfrucht: Und das ist wirklich kein Fleisch?

Seine erste Begegnung mit der Jackfrucht hatte Stefan Fak in Asien. Während eines Meditationsseminars bewunderte er noch die melonengroße gelbe Frucht mit Noppen, die am Stamm eines meterhohen Baums hing. Drei Stunden später wurde sie ihm als köstliches Curry serviert. «Ich dachte, wow – wie zart ist denn dieses Hähnchenfleisch», erinnert sich der Unternehmer.

Und so entwickelte sich seine Geschäftsidee quasi fast von selbst. Und die ging so: Sein Produkt versorgt urbanes Stadtvolk, das zwar Fleisch vom Teller schubst, allerdings nicht auf den Geschmack und die Konsistenz von Fleisch verzichten möchte. «Die Jackfrucht ist dafür einfach ideal», so Fak. Schließlich ginge es beim Fleischersatz auch um die Konsistenz. Und da präsentiere sich die asiatische Jackfrucht als das gelungenste Fleisch-Fake-Produkt.

Die Jackfrucht wird in Asien vorwiegend als reife, süße Frucht verzehrt. In unreifer Form enthält sie weniger Süße und taugt als herzhafte Beilage. Das Fruchtfleisch hat eine faserige Konsistenz, die der eines Hähnchens ähnlich ist. «Zudem ist sie komplett neutral im Geschmack», betont Fak.

«Faserigkeit und neutraler Geschmack sind die perfekten Voraussetzungen dafür, Fleisch optisch und geschmacklich nachzuahmen», erklärt der Geschäftsmann. Denn durch die Fasern dringen Öle, Gewürze oder Saucen optimal ein. Mit den speziellen Gewürzen typischer Fleischspeisen ließen sich so viele Wurst-, Fleisch oder Currygerichte täuschend ähnlich im Geschmack und Aussehen nachkochen.

Sieht aus wie ein klassischer Rindergulasch, ist aber eine Schüssel mit Jackfrucht-Gulasch. Foto: Latao/dpa-tmn

«Durch die stark wahrnehmbare Faserstruktur und die daraus resultierenden sensorischen Eigenschaften grenzt sich die Jackfrucht von Tofu, Seitan und Co. ab», erklärt Prof. Beatrice Großjohann. Sie unterrichtet Lebensmitteltechnologie und hat für Faks Firma «Lotao» die Nährwerteigenschaften der Jackfrucht in den Blick genommen und als vielversprechend bewertet.

«Die Jackfrucht besitzt je nach verwendetem Pflanzenteil und Reifegrad der geernteten Frucht eine niedrige glykämische Last, bei hohem Ballaststoffgehalt und eine Vielzahl an zuträglichen sekundären Pflanzenstoffen», so Großjohanns Ergebnis.

Aus den Kernen lässt sich Mehl herstellen

Der Jackfruchtbaum sei zudem mehrjährig, stelle geringe Umgebungsansprüche, ist frei von Allergenen und derzeit kein gentechnisch veränderter Organismus. Ein weiterer Vorzug: Aus der Frucht sowie deren Kernen lassen sich auch Mehle herstellen, die als Zusatz in verschiedenen Backwaren verwendet werden können. Es sei denkbar, die Jackfrucht im Bereich Cerealien einzusetzen.

Warum forscht eine Hochschule zur asiatischen Jackfrucht? «Die Weltbevölkerung wächst, gleichzeitig sind Lebensmittel ungleich verteilt und nicht überall verfügbar. Das ist auch bei uns ein Thema», begründet die Professorin. Und bei der Erschließung neuer Nahrungsquellen könne der Jackfruchtbaum punkten: «Mit einem Ertrag von mehr als drei Tonnen Frucht pro Baum im Jahr kann bereits einer dieser anspruchslosen Bäume eine Familie ernähren», rechnet Großjohann vor.

Noch stecke die Verarbeitung der Jackfrucht als Fleischersatzprodukt «in den Kinderschuhen». Deshalb werden auch noch andere Ansätze rund um die Jackfrucht-Verarbeitung verfolgt: Es sollen möglichst alle Jackfrucht-Bestandteile in diversen Produkten zum Einsatz kommen – etwa als Backzusatz, Chutney, Chips oder Konfitüre.

Die Jackfrucht-Chips kann man essen wie getrocknete Apfelringe oder Bananen-Chips. Foto: Robert Günther/dpa-tmn

Rund acht Millionen Vegetarier leben nach Angaben der Ernährungsorganisation ProVeg in Deutschland, zudem ernähren sich 1,3 Millionen Menschen vegan – ein Markt dürfte also vorhanden sein. Bislang bestehen vegane Varianten von Bratwürsten, Lyoner, Geschnetzeltem oder Schnitzel in der Regel aus einer oder mehreren Proteinquellen, Trinkwasser, Öl, Gewürzen, Kräutern, Salz sowie Verdickungsmitteln wie Johannisbrotkernmehl. Als Hauptproteinquelle dient häufig Soja, gefolgt von Weizen. Erbsen- oder Reisprotein, Lupinen und Hirse werden ebenfalls verwendet.

Fleisch hat tiefe Symbolik

Für Prof. Jana Rückert-John machen Fleischersatzprodukte deutlich, wie tief Fleisch und seine Symbolik in unserer Gesellschaft verankert sind. «Bis in die Nachkriegszeit war es Mangelware, der Sonntagsbraten ein Zeichen für Wohlstand. Fleisch gilt auch als Kraftspender, als Zeichen von Macht und Stärke», erklärt die Wissenschaftlerin, die eine Professur für die Soziologie des Essens innehält.

Die Dekanin des Fachbereichs Oecothropologie registriert außerdem ein breites Spektrum von Ernährungstrends in der Gesellschaft. Eine der Funktionen dieser Ernährungstrends sei die «identitäre Selbstbeschreibung»: «Das, was ich esse, wie ich esse, aber zunehmend auch, was ich nicht esse, dient auch dazu, Identität zu bestimmen», beschreibt sie. Das Selbst-Image ist also auch ein Grund, es mal mit der Jackfrucht zu probieren. (dpa/Foto: Robert Günther/dpa-tmn)

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